Die Rezession scheint in der Metallverarbeitungsindustrie hartnäckig zu sein. Der Produktionswert war 2023 zum zweiten Mal in Folge rückläufig. Nominell betrug der Rückgang 2,3 Prozent (auf 48,5 Milliarden Euro), inflationsbereinigt belief sich das Minus auf acht Prozent. Der Auftragseingang von Metallwarenerzeugern, Maschinen- und Anlagenbauunternehmen ging um 13 Prozent auf 41,2 Milliarden Euro zurück, preisbereinigt entspreche dies einem Minus von 18,7 Prozent, skizzierte der Obmann der Metalltechnischen Industrie, Christian Knill, am Dienstag die teils durchaus angespannte Lage.

Zwei Mitarbeiter der Photon AG in der Entwicklung und Fertigung von Leichtbau-Dünnblechstrukturen für die Mobilitätsbranche.
Metallbearbeitung wie hier bei der deutschen Photon AG ist längst Hochtechnologie. Angesichts hoher Energiekosten nimmt die Bedeutung der Personalkosten zu, was die Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten gefährdet.
IMAGO/Jürgen Heinrich

Besserung erwartet die Hälfte der rund 1200 Branchenbetriebe nicht: Knapp 48 Prozent der Unternehmen erwarten, dass das heurige Jahr ähnlich verhalten oder schlecht wird wie 2023. Auch der monatliche Konjunkturtest des Wirtschaftsforschungsinstituts lasse Anzeichen eines echten Aufschwungs nicht erkennen. Allerdings werde die Auftragslage nicht mehr so schlecht wie im Herbst 2023 eingeschätzt, sagte Knill.

Verlagerung ins Ausland

Die Folge: 47 Prozent der Branchenbetriebe überlegten, Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern. Fast ein Fünftel wälzt laut der Blitzumfrage konkrete Pläne zur Verlagerung – "oder sie tun es bereits", sagte Knill. Denn die Lohnstückkosten seien massiv gestiegen, Österreich rangiere mit den osteuropäischen Ländern im negativen Spitzenfeld. Hierzulande seien die Lohnstückkosten um 26 Prozent stärker gewachsen als in der Eurozone, rechnete Knill vor. Mit der Produktivität lasse sich dieser Anstieg längst nicht mehr ausgleichen. "Wir sind nicht mehr die Produktivitätsweltmeister", warnte der Verbandsobmann. An die 7000 Stellen seien inzwischen im Ausland geschaffen worden, und fast 60 Prozent der Unternehmen hätten ihren Mitarbeiterstand um 7,5 Prozent reduziert. Fast die Hälfte der Betriebe rechne mit einem Rückgang der Beschäftigtenzahl, lediglich jedes zehnte Unternehmen gab laut der Branchenumfrage an, Personal aufgebaut zu haben.

Laut der Oesterreichischen Nationalbank werden Lohnstückkosten definiert als die Entwicklung des Arbeitnehmerentgelts pro Beschäftigtem im Verhältnis zum BIP bzw. als Wertschöpfungsbeitrag pro Beschäftigtem (Veränderung zum Vorjahr in Prozent). Sie sind damit ein wichtiger Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit. "Die Lohnstückkostenentwicklung ist Gift für die Wettbewerbsfähigkeit", sagte Knill, der im Kampf gegen die Inflation die Regierung in die Pflicht nehmen will – und die Sozialpartner, die mit dem Festhalten an der Abgeltung der zurückliegenden Inflation die Lohnkosten in die Höhe getrieben haben. In Zeiten hoher Inflation sei die Benya-Formel nicht das passende Werkzeug. "Das ist schädlich für die Industrie." Allein im vierten Quartal 2023 seien die Lohnkosten um acht Prozent gestiegen, in den vergangenen drei Jahren waren es laut Erhebung der Europäischen Kommission 16,7 Prozent. Damit wird Österreich nur von Polen übertroffen, allerdings besteht in den Ostländern Aufholbedarf. Beim wichtigen Handelspartner Deutschland betrug der Anstieg im Vergleich zu 2022 lediglich 2,5 Prozent.

Die Exporte der Metalltechnischen Industrie stiegen um 3,5 Prozent auf 41,9 Milliarden Euro, das entspricht einem Rückgang um 2,2 Prozent (inflationsbereinigt). Die Exporte seien dafür "verantwortlich, dass es nicht schlimmer aussieht", schildert Knill die Lage. Ein nominelles Exportplus gab es unter anderem nach Deutschland, in die USA und die Schweiz sowie nach China.

"Lohnrabatt" geht weiter

Die bei der Herbstlohnrunde vereinbarte "Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel" will man im Fachverband nicht nur erhalten, sondern auch modifizieren. Derzeit muss der jeweilige Betriebsrat zustimmen, dass Teile der Entgelterhöhung in Freizeit, in Form einer Aus- und Weiterbildung oder als Einmalzahlung gezahlt werden. Das sei auch der Grund dafür, warum von den 120 Antragstellern nur 77 begünstigt wurden. Betroffen seien 14.400 Beschäftigte in Unternehmen mit hohem Personalaufwand und österreichischer Wertschöpfung. Wie die Klausel im Herbst 2024 aussehen wird, müssen die Sozialpartner erst ausverhandeln. Die Lohnerhöhung steht ja bereits fest, es wird um die maßgebliche Inflationsrate erhöht plus einem Aufschlag. (ung, 30.4.2024)