Frühlingswildblumen auf einer Wiese
Frühlingswildblumen auf einer Wiese.
IMAGO/alimdi/Arter

Wien – Eine neue Datenbank ermöglicht erstmals eine umfassende Auswertung der schwindenden Artenvielfalt von Europas Pflanzenwelt. Ein Team um den österreichischen Biodiversitätsforscher Franz Essl hat dazu die Daten aus über 283.000 Beobachtungen von rund 80.000 Vegetationsparzellen in verschiedenen Lebensräumen zusammengefasst, die mindestens zweimal vermessen wurden. Die Vegetationsforscher stellen die Datenbank "Resurvey Europe" im Journal of Vegetation Science vor.

Bereits in den 1990er-Jahren hat der 2022 verstorbene österreichische Ökologe Georg Grabherr mit Kollegen die Forschungsinitiative Gloria (Global Observation Research Initiative in Alpine Environments) ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses hierzulande von der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien getragenen Langzeit-Monitoringprogramms wird auf mehr als 100 über den Globus verteilten Observationsflächen in regelmäßigen Abständen die Zusammensetzung der alpinen Vegetation beobachtet und die Auswirkungen des Klimawandels auf diese untersucht.

Breite Datenbasis

Solche Untersuchungen gibt es viele, sie konzentrieren sich dabei aber meist auf bestimmte Lebensräume bzw. Regionen. Eine umfassende Betrachtung fehlte bisher. "Um ein wirklich gutes Verständnis zu haben, wie sich die Artenvielfalt der Pflanzen in den vergangenen Jahrzehnten in Europa verändert hat, in welcher Geschwindigkeit Arten verloren gegangen bzw. besonders stark zurückgegangen sind und welche Lebensräume besonders betroffen sind, braucht es eine möglichst breite Datenbasis. Das ist nun mit dieser Datenbank erstmals gegeben", erklärte Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien gegenüber der APA.

Essl hat gemeinsam mit über 250 internationalen Kolleginnen und Kollegen die Beobachtungen von 79.190 Untersuchungsflächen in verschiedenen Lebensräumen, die mindestens zweimal vermessen wurden, zusammengeführt. Insgesamt liegen damit Daten von 283.135 Erhebungen dieser Parzellen vor. Die ältesten Vergleichsdaten stammen aus den Schweizer Alpen aus dem Jahr 1911, die meisten Parzellen wurden zwischen 1950 und 2020 beprobt. Auch das Gloria-Netzwerk hat seine Daten beigesteuert.

Wiesen und Weiden

Die meisten der erfassten Beobachtungsflächen (rund 21.000) befinden sich in Grünland, also etwa Wiesen und Weiden. Diese können sehr artenreich sein und hätten daher von Botanikern hohe Aufmerksamkeit erhalten, erklärte Essl. "Wir haben bei der Datenbank auch einen gewissen Schwerpunkt darauf gelegt, weil aus Einzelstudien bekannt ist, dass sich speziell diese Lebensräume besonders stark verändert haben." Österreich ist mit Daten von mehr als 1400 Flächen in der Datenbank vertreten, laut Essl eine "vergleichsweise gute Abdeckung".

Für den Biodiversitätsforscher erlauben diese Daten "die Beantwortung zahlreicher wichtiger und spannender Fragestellungen". So eröffne die Datenbank "ein breites Spektrum für Untersuchungen, die nicht nur den Klimawandel, sondern auch menschliche Landnutzungsänderungen im Fokus haben", sagte der Leiter des Gloria-Netzwerks, Harald Pauli vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der ÖAW, in einer Aussendung der Akademie. Laut Essl nutzen bereits einige Projekte die neue Datenbasis, mit Ergebnissen sei in den nächsten Jahren zu rechnen. (APA, 14.5.2024)