Jürgen Klopp klatscht
Jürgen Klopp wird den Liverpool-Fans am Sonntag zum letzten Mal in Anfield applaudieren.
EPA/VINCE MIGNOTT

Liverpool – Es wird Tränen geben. So viel ist sicher. Viele Tränen. So war es in Mainz, so war es in Dortmund. Und so wird es auch und vor allem in Liverpool sein, wenn Jürgen Klopp am Sonntagnachmittag zum 491. und letzten Mal als Trainer des LFC an der Seitenlinie stehen wird.

"The Kop", die legendäre Tribüne mit dem berüchtigten Liverpooler Anhang, wird dem auf der Insel wohl beliebtesten Deutschen noch einmal huldigen. Die Fans werden den Namen Klopps noch einmal lauter als den sämtlicher Spieler brüllen und sie werden natürlich auch noch einmal den auf Klopp umgedichteten Beatles-Hit I Feel Fine anstimmen.

"I'm so glad that Jürgen is a Red. I'm so glad he delivered what he said", werden sie singen. "Ich bin so froh, dass Jürgen ein Roter ist. Ich bin so froh, dass er hielt, was er versprochen hat."

Brauereien ehren Klopp mit einem eigenen Bier

Ja, das hat er. Mehr noch. Klopp hat die großen Erwartungen an ihn, mit denen er damals im Herbst 2015 an der alt-ehrwürdigen Anfield Road angetreten war, übererfüllt. Er gewann mit den Reds 2019 die Champions League und beendete im Jahr darauf die 30-jährige Durststrecke, indem er den Klub zum lang ersehnten 19. Meistertitel führte.

Vor allem aber reanimierte Klopp den über die Jahre und Jahrzehnte etwas eingeschlafenen Kultklub, machte – wie bei seiner offiziellen Vorstellung versprochen – aus "doubters" (Zweiflern) bald "believers" (Glaubende) und verzückte die britischen Fans weit über die Stadtgrenzen hinaus mit Vollgasfußball und seiner authentischen Art.

Klopp selber bezeichnete sich gleich zu Beginn in Anlehnung an "The Special One" Jose Mourinho als "The Normal One", die Menschen trugen bald Masken und Shirts mit dem Konterfei des Trainers. Sogar Klopp-Tassen gingen in Produktion. Brauereien ehren den Kultcoach zum Abschied mit einem "Believers Brew".

Jetzt geht Klopp auf Reisen

Ja, die bald neun Jahre auf der Insel haben ihre Spuren hinterlassen. Auch bei Klopp selbst. Der 56-Jährige, der schon im Jänner seinen Abschied ankündigte, wolle sich jetzt "definitiv erholen", sagte Klopp am Mittwoch in einem Interview mit "The Anfield Wrap": "Ich weiß nicht, wie sich das anfühlt, aber ich werde es tun." Er möchte mit seiner Frau Ulla auf Reisen gehen, entspannen und Freunde auch mal außerhalb des Fußballkosmos treffen. Diesen "anderen Teil des Lebens" habe er jahrelang "vermisst".

Mit dem Fußball macht Klopp erst einmal Pause. Die Arbeit bei seinen drei Klubs – die Zeit in Mainz mit dem Bundesliga-Aufstieg, die von zwei Meistertiteln geprägte Ära in Dortmund und eben Liverpool – haben viel Kraft gekostet. "26 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche" habe er für die Sache gebrannt, sagt Klopp: "Und das ist auch kein Problem. Das ist mein Leben. Das war mein ganzes Leben. Aber es darf nicht alles in meinem Leben sein."

Jürgen Klopp Interview bei "The Anfield Wrap"
The Anfield Wrap

Klopp: Nicht verfügbar, aber Comeback fix

Wie lange Klopp von der (Fußball-)Bildfläche verschwinden wird, weiß er selbst noch nicht so genau. Offerten der Bayern und von der Nationalmannschaft schlug er aus. "Lasst es mich so sagen: Ich würde einen Verein finden, wenn ich es wollte", sagt Klopp. "Aber ich bin einfach nicht verfügbar. Ich bin raus. Wir werden sehen, wie lange es so ist." Dass er wieder arbeiten werde, stehe "zu 100 Prozent" fest: "Am meisten verstehe ich von Fußball, aber vielleicht gibt es da auch etwas anderes als exakt das, was ich gerade tue."

Am Sonntag wird es vorerst den letzten Auftritt des Jürgen Klopp geben. Beim Heimspiel gegen die Wolverhampton Wanderers (17 Uhr, Sky) fällt für ihn der Vorhang in Liverpool, seiner bislang längsten und ganz sicher emotionalsten Station. Es wird Tränen geben. So viel steht fest. (sid, red, 16.5.2024)