Die FPÖ arbeitet mit Nachdruck daran, nicht in der nächsten Regierung vertreten zu sein – trotz Höhenflugs in den Umfragen. Die Häme, der Hass und der Spott, mit denen FPÖ-Chef Herbert Kickl die anderen Parteien und deren Proponenten überzieht, übersteigen bei weitem das Ausmaß der Schärfe, mit der politische Auseinandersetzungen üblicherweise geführt werden. Auch in einem Wahlkampf.

Der FPÖ-Chef unterstellt den Regierenden, aber auch den anderen Oppositionsparteien komplette Ahnungslosigkeit, Unfähigkeit, Unwillen und sogar böse Absicht, mit denen sie das Land in den Abgrund führen würden. Von Verrat an Österreich ist die Rede. Die Medien sind immer gerne mitgemeint. Die Tonalität ist von einer Bösartigkeit getragen, die Übles befürchten lässt. Kickl droht offen damit, die Republik bis in die hintersten Winkel ausputzen zu wollen. Sollte dieser Mann zur Umsetzung der Drohungen befähigt werden, bliebe kein Stein im Gefüge dieser Republik auf dem anderen.

Bundesparteiobmann Herbert Kickl Anfang April im Rahmen eines Landesparteitags der FPÖ Wien.
Bundesparteiobmann Herbert Kickl Anfang April im Rahmen eines Landesparteitags der FPÖ Wien.
APA / Georg Hochmuth

An die Schalthebel

Aber kann es so weit kommen? Wer soll denn mit Kickl, der seine Verachtung für das System so demonstrativ vor sich herträgt, tatsächlich eine Koalition eingehen? Das traut man nicht einmal der ÖVP zu, die bisher sehr weit zu gehen bereit war, wenn es um ihren Machterhalt ging. Aber wer Kickl an die Schalthebel lässt, macht sich mitschuldig, ein Loch in die demokratischen Grundfesten dieser Republik zu treten.

Wie die FPÖ mit Medien umgeht, ist bekannt. Es ist ein schwerer Fehler der schwarz-grünen Koalition, den ORF so hergerichtet zu haben, dass er bei einer Machtübernahme der Freiheitlichen diesen hilflos ausgeliefert wäre und dass die FPÖ dort nach Belieben umrühren könnte.

Medien droht nichts Gutes

Auch Medien, die nicht dem direkten Einfluss der Politik ausgeliefert sind, droht bei einem "Volkskanzler" nichts Gutes. Aus seiner Verachtung gegenüber den Systemmedien, die praktisch alles umfasst, was keine blauen Propagandakanäle sind, macht der FPÖ-Chef kein Hehl. Dass ein Teil der Journalistenausbildung unter Schwarz-Grün dem Bundeskanzleramt unterstellt wurde, würde sich spätestens dann als tragische Fehleinschätzung herausstellen, wenn Kickls Kohorten dort das Sagen hätten.

Dass die Förderung von Medien unter FPÖ-Kurs komplett umgestellt würde, ist nur logisch. Es ist wiederum ein Versäumnis der jetzigen Regierung, die Medienförderung nicht auf bessere Beine fernab politischen Einflusses gestellt zu haben. Wenn es den Medien an den Kragen geht, wankt auch die Demokratie – wohl unter dem Gejohle jener Anhänger, die glauben, bisher zu kurz gekommen zu sein, dann aber selbst zum Opfer einer illiberalen Demokratie würden.

Sofortiger Stopp, pauschale Ablehnung

Nicht alles, was die FPÖ ankündigt, scheint auch umsetzbar. Ein sofortiger Stopp jeglicher Zuwanderung, eine pauschale Ablehnung aller Asylanträge? Eine "Remigration", wie sie Rechtsextreme und Kickl fordern? Praktisch nicht möglich. Außer man setzt Menschenrechtskonvention und das Asylrecht außer Kraft und verlässt damit zwangsläufig internationale Gemeinschaften wie die EU. Nicht denkbar? Vielleicht doch. Die FPÖ unternimmt alles, um die EU sturmreif zu schießen, und vielleicht gelingt ihr das nach den EU-Wahlen im Zusammenschluss mit anderen rechtsextremen Strömungen in Europa noch besser.

Das sind die Aussichten. Und das sollten wir uns bewusst machen. (Michael Völker, 6.5.2024)