Erst vor wenigen Monaten hat Mozilla mit dem Firefox 3.5 ein neue Generation der eigenen Software herausgebracht, nun steht schon bald die nächste Release an: Firefox 3.6 soll nach der aktuellen Planung noch im Dezember 2009 erscheinen, und dem Browser wieder eine Mischung aus neuen Funktionen, besserer Webstandard-Unterstützung und gesteigerter Performance angedeihen lassen.

Release-Zyklen

Dass so schnell schon wieder eine neue Firefox-Release ansteht, hat man wohl nicht zuletzt dem verstärkten Druck durch Konkurrenten wie Google Chrome oder Apples Safari zu verdanken. Schließlich setzen diese schon länger auf kürzere Release- und damit auch Innovations-Zyklen als der Firefox, eine Vorgehensweise, die man künftig auch beim Mozilla-Projekt pflegen will.

Umfang

Im Bezug auf den Umfang der Änderungen gibt sich der Firefox 3.6 dadurch freilich nicht annähernd so ambitioniert, wie es der Vorgänger war - ein Umstand der angesichts der erheblich kürzeren Entwicklungszeit nicht weiter verwundern kann. Die zentrale Vorgabe für die neue Version waren eigentlich weitere Performance-Verbesserungen quer durch alle Bereich des Browsers, im Endeffekt sind aber auch wieder einige neue Funktion hinzugekommen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

So ist einmal mehr zu beobachten, welch Stellenwert das Add-On-Ökosystem für die weitere Entwicklung des Firefox hat. Neue Features werden von Mozilla zunehmend zuerst als unabhängige Erweiterung präsentiert, bewähren sich diese, wandern sie fix in das Hauptprogramm.

Personas

Mit Firefox 3.6 betrifft das die sogenannten "Personas", leichtgewichtige Themes, die das Aussehen des Browsers individualisieren sollen. Im Gegensatz zum klassischen Themes-Support des Open-Source-Browsers lassen sich Personas ohne Neustart einrichten, auf der zugehörigen Seite gibt es außerdem eine integrierte Preview-Funktion: Wer den Mauszeiger über ein Design bewegt, bekommt einen Vorgeschmack auf den künftigen Look des Browsers.

Auswahl

Die Vorgeschichte der Personas als Add-On haben einen weiteren zentralen Vorteil zur Folge: Bereits vor dem Start von Firefox 3.6 stehen mehrere tausend Designs zur Auswahl - jede Menge Spielraum zur Individualisierung also.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Dass der Internet-Explorer-Entwickler Microsoft nebenbei ein nicht ganz unbedeutendes Betriebssystem im Angebot hat, ist natürlich auch bei Mozilla nicht gänzlich unbemerkt geblieben. So bemüht man sich mit Firefox 3.6 den eigenen Browser besser mit dem kürzlich veröffentlichten Windows 7 zu integrieren.

Peek

Konkret bedeutet dies, dass die "Aero Peek"-Funktion nun auch für Firefox-Tabs funktioniert. Das sieht dann so aus, dass beim Bewegen des Mauszeigers über das Firefox-Icon im Panel eine Miniaturansicht der offenen Tabs präsentiert wird. Eine durchaus nette Funktion, deren Nützlichkeit allerdings stark von der Anzahl der geöffneten Seiten abhängt, wird dies doch schon mal recht schnell unübersichtlich. (Update 09.11.: Wie einige BenutzerInnen im Kommentarbereich korrekt angemerkt haben, soll der Aero-Peek-Support nun doch noch nicht mit Firefox 3.6 kommen, da man mit der Qualität der jetzigen Lösung noch nicht zufrieden ist, Anm. apo)

IE8

Etwas rudimentär ist derzeit hingegen noch der Support für die sogenannten "Jump Lists" von Windows 7. Diese können über das Kontextmenü des Icons im Panel aufgerufen werden, beim IE8 werden hier dann beispielsweise die zuletzt am meisten benutzen Seiten angezeigt. Beim Firefox gibt es hingegen derzeit nur Informationen über abgespeicherte  Seiten, bis zur fertigen Release von Firefox 3.6 will man die fehlende Funktionalität aber noch nachholen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Je zentraler der Browser im Desktop-Alltag wird, desto größere Bedeutung kommt auch den damit verbundenen Sicherheitsimplikationen zu. Doch während man bei Mozilla mittlerweile äußerst flott auf bekannt gewordene Fehler in der eigenen Software reagieren kann, und Updates rasch - und vor allem automatisch - an die NutzerInnen ausliefert, gibt es einen Bereich auf den man nur wenig Einfluss hat: Den der Browser-Plugins.

Flash

Gerade Flash hat sich dabei in der Vergangenheit immer wieder als zentraler Angriffsvektor erwiesen, wohl auch deswegen, weil es praktisch auf allen Systemen installiert ist - unabhängig von Browser und Betriebssystem. Entsprechend hat man bei Mozilla vor einigen Wochen eine neue Startseite in den Browser integriert, die vor veralteten Flash-Installationen warnt.

Plugin-Check

Mit Firefox 3.6 geht man hier nun noch ein entscheidendes Stück weiter: Ein allgemeiner Plugin-Checker informiert über die aktuelle Gefährdungslage durch Drittsoftware, dieser lässt sich manuell über die Plugins-Abteilung im Add-Ons-Dialog aufrufen. Zusätzlich warnt der Browser vor dem Besuch einer Seite, bei der ein Plugin genutzt werden soll, das als problematisch bekannt ist.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Etwas versteckt versucht man sich bei Mozilla weiterhin an neuen Interfaces zur Visualisierung der gerade geöffneten Tabs. Seit den Vorversionen von Firefox 3.5 - für die finale Release wurde das Feature entfernt - hat man den Ctrl+Tab-Support wesentlich verbessert, allerdings muss er bislang noch nachträglich aktiviert werden..

Umstellung

Wer das Ganze ausprobieren will, muss also die Variable "browser.ctrlTab.previews" in about:config auf "true" setzen. Ist dies erledigt lässt sich mittels der entsprechenden Tastaturkombination übersichtlich in den gerade geöffneten Seiten stöbern.

Suche

Diese werden dabei als Miniaturgrafiken dargestellt, zusätzlich gibt es eine erweiterte Ansicht, auf der auch eine Suchfunktion integriert ist. Dieser "AllTabs"-genannten Ansicht kann übrigens auch ein eigener Knopf in der Tab-Zeile zugewiesen werden, hierfür muss "browser.allTabs.preview" aktiviert werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit Firefox 3.5 hat man den Support für HTML5-Videos eingeführt, mit der nächsten Release will man hier weiter nachbessern: So gibt es nun einen Fullscreen-Modus, außerdem lassen sich gezielt einzelne Frames als Titelbild auswählen, dieser "Poster Frame" wird vor der Anwahl des Videos angezeigt.

Tabs

Eine kleine - aber schon jetzt nicht ganz unumstrittene - Änderung gibt es beim Tab-Handling: Per Mittelklick geöffnete Links werden nun nicht mehr am Ende der Tab-Liste sondern rechts neben dem aktiven Tab dargestellt. Dadurch wird zwar der Mausweg kürzer und zugehörige Seiten bleiben eher gruppiert, für bestehende NutzerInnen ist dies aber natürlich auch eine gewisse Umgewöhnung.

Accelerometer

Mit Firefox 3.6 werden auch wieder einige neue Funktionen im Hintergrund eingeführt, so unterstützt der Browser nun Beschleunigungssensoren. Der Web-Content kann sich also bei entsprechend ausgestatteten Geräten automatisch an die Lage anpassen. Relevant ist dies vor allem für die mobile Firefox-Version "Fennec", will man hier doch den Inhalt automatisch anpassen können. Da die Code-Basis die selbe ist, funktioniert das Ganze aber auch in der Desktop/Laptop-Version der Software.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Vor allem für EntwicklerInnen von Interesse sind die Verbesserungen beim Webstandard-Support. Dazu gehört die Unterstützung einige neuer CSS-Attribute, wie etwa die CSS-Gradients oder auch die Angabe der "background-size".

Bildlich

Zusätzlich ist es nun möglich mehrere Hintergrundbilder für eine Seite anzugeben, bei der Einbindung von externen Schriften unterstützt man nun auch das Web-Open-Font-Format. Außerdem gibt es einige neue Funktionen zur Analyse des HTTP-Verkehrs.

Drag & Drop

Der Drag & Drop-Support wurde ebenfalls aufpoliert, so dass sich nun auch Dateien vom Desktop direkt in den Browser ziehen lassen. Eine äußerst nützliche Funktion, etwa um unkompliziert neue Bilder auf eine Foto-Service hochzuladen, freilich muss dies noch von den betreffenden Seiten unterstützt werden. Wer es ausprobieren will, sei auf den Font Dragr hingewiesen, bei dem sich vom Desktop kommende Schriften unkompliziert anzeigen lassen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Beim ACID3-Test macht man mit Firefox 3.6 kaum spürbare Fortschritte: 94 Punkte liefert die neue Browser-Generation nun, ein Zähler mehr als die Vorgängerversion. Allerdings hat man bei Mozilla immer wieder darauf hingewiesen, dass die Jagd nach perfekten Scores bei einem recht künstlichen Test nicht zu den eigenen Prioritäten zählt.

Performance

Ein echter Schwerpunkt sind hingegen die Bemühungen im Performance-Bereich, mit Firefox 3.6 konzentriert man sich dabei zunehmend auch auf die Startzeit der Anwendung. Bemerkbar macht sich dies vor allem unter Mac OS X, wo die neue Browsergeneration spürbar flotter startet, unter Windows und Linux liegen die Optimierungen hingegen im kaum wahrnehmbaren Bereich.

Javascript

Mit unverminderter Geschwindigkeit geht aber auch das Rennen der Browser-Hersteller zur Optimierung der eigenen Javascript-Engines weiter, dabei bildet natürlich auch der Firefox 3.6 keine Ausnahme. Auf dem Testsystem erzielte die Firefox 3.6 Beta 1 einen Wert von 2.105,4 (weniger ist besser) - Firefox 3.5 war zum Vergleich mit 2.329,4 noch rund 10 Prozent langsamer.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit den aktuellen Entwicklungsversionen von Google Chrome kann man damit allerdings noch nicht ganz mithalten, diese kommen auf einen Wert von 1.376,1. Allerdings wäre hier die passende Vergleichsbasis eher die bereits verfügbaren Nightlies von Firefox 3.7 - und die sind mit 1.732 noch mal ein ganzes Stück schneller als ältere Ausgaben des Mozilla-Browsers.

Vergleiche

Javascript ist freilich nicht alles, insofern lohnt sich immer ein zusätzlicher Blick auf den Peacekeeper-Benchmark, der versucht ein umfassenderes Bild zu zeichnen, also unterschiedlichste Browser-Bereiche prüft. Und hier zeigt sich dann schon ein wesentlich signifikanterer Performance-Zuwachs.

Speed

Denn während Firefox 3.5.x noch auf "nur" 1002 Punkte kommt (hier ist ein höherer Wert besser), erreicht die Firefox 3.6 Beta 1 bereits 1.380 Zähler. Die Google Chrome Entwicklungsversion ist da mit 1.544 Punkten nicht mehr sehr weit entfernt. Interessant auch, dass die gesteigerte Geschwindigkeit in beinahe allen Teiltests zu sehen ist, von der Grafikdarstellung bis zu DOM-Operationen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Das Ergebnis entspricht somit auch dem Versprechen von Mozilla sich künftig stärker auf die allgemeine Browser-Geschwindigkeit zu konzentrieren. So fühlt sich denn Firefox 3.6 in vielen Bereichen subjektiv einfach flotter an als der Vorgänger. Dies mag zum Teil daran liegen, dass der Just-in-Time-Compiler der Javascript-Engine Tracemonkey nun nicht nur für Web-Inhalte sondern auch auf das Interface der Anwendung selbst angewendet wird.

Gut so

So verspricht Firefox 3.6 zwar keine ähnlich mit neuen Features vollgestopfte Release wie die Version 3.5 zu werden, das was geboten wird, erweist sich aber als durchwegs sinnvoller Feinschliff. Und Performance-Verbesserungen sind ohnehin immer gern gesehen.

Zeitplan

Die fertige Version von Firefox 3.6 soll wie zuvor bereits erwähnt im Dezember 2009 veröffentlicht werden. Geht es nach den aktuellen Plänen der Entwickler soll das Update übrigens entgegen früheren Versionen umgehend automatisch an alle NutzerInnen von Firefox 3.5 ausgeliefert werden. Wer sich schon jetzt einen Überblick über die kommende Release verschaffen will, kann sich die erste Beta von der Seite des Projekts herunterladen, wie gewohnt gibt es hier Windows, Linux und Mac-Versionen. (Andreas Proschofsky [@suka_hiroaki auf twitter], derStandard.at, 08.11.09)

Screenshot: Andreas Proschofsky