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Das Fluchtauto konnte in Weitendorf gestoppt werden.

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Kriminalisten bei der Tatrekonstruktion nach den tödlichen Schüssen in Graz.

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Graz/Wien - Nach den tödlichen Schüssen von Polizisten auf einen mutmaßlichen Wettcafé-Räuber nach einer Verfolgungsjagd durch die steirische Landeshauptstadt Graz spricht laut der ermittelnden Staatsanwaltschaft manches für einen "suicide by cop", einem Selbstmord mithilfe eines Exekutivbeamten. "Es deutet einiges darauf hin", erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher, am Freitag.

So habe die Tatrekonstruktion ergeben, dass der 38-Jährige "offensiv" auf die Beamten losgegangen sei und auf sie das Feuer eröffnet habe - mit einer Gaspistole, die als solche nicht zu erkennen gewesen sei. Zwar habe der einschlägig vorbestrafte Mann keinen Abschiedsbrief oder Ähnliches hinterlassen. Doch sein Verhalten auf der Flucht lasse den Schluss auf einen möglichen "spontanen Entschluss" zu dieser Art des Suizids zu.

Ermittlungen gegen Beamte

Gegen die beiden beteiligten Beamten wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Umständen ermittelt. Am Neujahrstag wurde das Ergebnis der Obduktion bekannt. Demnach ist der 38-Jährige innerlich verblutet. Er hatte zwei Durchschüsse im Bauchbereich erlitten. Ein ballistisches Gutachten wird in mehreren Wochen vorliegen.

Der Erschossene, ein verheirateter, mehrfach einschlägig vorbestrafter Grazer, hatte zu Silvester am frühen Nachmittag das Wettcafé in der Grazer Herrgottswiese überfallen. Dabei schoss er mit seiner Gaspistole auf einen Kellner, dieser wurde leicht verletzt. Auf der Flucht vor der Polizei durchbrach er mit seinem Pkw mehrere Straßensperren, eine Polizistin, die ihm in die Quere kam, erlitt leichte Blessuren.

Dann platzte an dem Fluchtauto ein Reifen. Als der Wagen stand, richtete der Mann seine Gaspistole gegen die Verfolger und gab - so Bacher - "bis zu zwei Schüsse" ab. Die Beamten hätten das Feuer erwidert; sie hätten zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, welche Waffe der Mann bei sich führte. Getroffen von zwei Schüssen im Bauchbereich brach der 38-Jährige zusammen. Er starb auf dem Weg ins Krankenhaus.

Der Fall erinnert an die tödlichen Schüsse aus einer Polizistenwaffe auf einen 31-Jährigen in Wien-Favoriten vor eineinhalb Monaten. Der Mann hatte seiner Freundin telefonisch mit Selbstmord gedroht.

Die zu diesem Zeitpunkt im Burgenland befindliche Frau alarmierte die Polizei. Mit einer Funkstreife fuhr sie in ihre Wohnung zurück, zu der ihr Freund einen Schlüssel hatte. Er öffnete ihr, doch als er sah, dass sie von einem Polizisten begleitet wurde, zog er eine Waffe. Dass es sich um eine Schreckschusspistole handelte erkannte der Beamte erst später - nachdem er seine Dienstpistole gezogen und zweimal gefeuert hatte. Die Schüsse trafen den 31-Jährigen in die Brust und die rechte Schulter. Er starb noch am Ort des Geschehens. (APA, bri, DER STANDARD Printausgabe, 2./3.01.2010)