Acht-Millionen-Taxe als Lockvogel: Für 43,75 Millionen Dollar reichte Tobias Meyer Warhols "200 One Dollar Bills" an einen anonymen Sammler weiter.

Foto: Sotheby's

Generell gibt man sich in der Auktionsbranche auf Detailfragen zur Klientel besonders zugeknöpft. Lediglich über Forbes-Koordinaten erhascht man einen Blick in die Karten: In einer Präsentation für Investoren legt Sotheby's etwa offen, nicht weniger als 68 der 100 weltweit reichsten Personen ebenso zu seinen Kunden zu zählen, wie 164 der Top 500 CEOs und jeden Einzelnen der zehn Kunstsammler-Milliardäre.

Diskretion ist eben alles, auch in den im Anschluss an erfolgreiche Versteigerungen veröffentlichten Listen der zehn höchsten Zuschläge. Und so gibt sich die Öffentlichkeit mit Hinweisen auf den Kontinent, und ob es sich um einen Privatsammler oder Kunsthändler handelt, zufrieden. Anonym war insofern in der abgelaufenen Saison der mit Abstand aktivste Käufer. Er glänzte in den Auktionssälen mit physischer Abwesenheit und deponierte sein jeweiliges Gebot übers Telefon.

Sowohl in New York als auch in London und Paris bewilligte er den jeweils höchsten Kaufpreis 2009, holte sich im Februar Henri Matisse Les Couscous (Christie's Paris) für 35,9 Millionen Euro, im November Andy Warhols 200 One Dollar Bills für 43,76 Millionen Dollar (Sotheby's New York) und krönte diese Sammlung der Superlative schließlich im Dezember mit einer 29,16 Millionen Pfund teuren Zeichnung Raffaels im Dezember (Christie's London).

Selbstredend handelt es sich bei Anonym nicht um eine einzige Person, vielmehr symbolisiert der Terminus die rekalibrierte Liquidität des Kunstmarktes. Spekulanten, die in den vergangenen Jahren zwischen 30 und 80 Millionen Dollar für ein einzelnes Kunstwerk springen ließen, haben sich von der internationalen Spielwiese verzogen. Kunstsammler, die zwischen zehn und 20 Millionen Dollar für das Kunstwerk ihrer Wahl bereithalten, haben sich dagegen als konstante Größe erhalten.

Zum Glück für die beiden Auktionsgiganten Christie's und So-theby's, die im direkten Vergleich zu den Vorjahren - rückläufiger Verkaufsquoten und schwindender Einspielergebnisse wegen - massive Einbußen hinnehmen mussten. Nur eingeschränkt konnte man die schrumpfenden Umsätze über eine Optimierung der Margen und Kostenreduktionsprogramme auch tatsächlich abfedern. Die Details zum Abschluss des Geschäftsjahrs 2009 veröffentlichen sowohl Christie's als auch Sotheby's erst in den nächsten Wochen.

Zum Halbjahr hatte Christie's einen Umsatzschwund von 1,8 Milliarden (2008) auf 1,2 Milliarden Pfund bzw. von 3,5 auf 1,8 Milliarden Dollar verlautbart. Anfang November machte auch So-theby's sein vorläufiges Drama über die Quartalsbilanz offiziell: Nach neun Monaten belief sich der Nettoverlust 2009 auf etwas mehr als 80 Millionen Dollar, während man für den Vergleichszeitraum 2008 noch ein Nettoeinkommen von 35,8 Millionen notiert hatte.

Aber, so streute man auch Tröstliches ein, der Umsatzanteil aus Auktionen im Zeitraum von Juli bis inklusive September läge gemessen am Jahrestotal ohnedies nur zwischen sieben oder zehn Prozent. In den letzten Wochen des Jahres setzte Sotheby's in New York zur Aufholjagd an. Sowohl bei den Impressionisten als auch bei zeitgenössischer Kunst hatte man im direkten Vergleich zu Christie's klar die Nase vorn.

Und das spiegelt sich auch in der Liste der zehn höchsten in der amerikanischen Metropole verzeichneten Besitzerwechsel wider, für sieben davon zeichnet - entsprechend den Jahren zuvor, also schon traditionell - Sotheby's verantwortlich. In London beansprucht hingegen Christie's sieben der zehn Platzierungen für sich.

Das Wertvolumen dieser Rankings sank nach zwölf Monaten allerdings drastisch: Gegenüber 2008 um 36 (London) bzw. 64 (New York) Prozent. Aber - und das ist an der Wende zum neuen Geschäftsjahr als viel versprechende Tendenz zu werten - die Herbstsaison spielte eine stärkere Rolle als zuletzt: Erstmals seit Jahren wuchs das Wertvolumen im Vergleich zu den ersten sechs Monaten, in London (2007: 0,4 Prozent; 2008: 0,3 Prozent) um beachtliche 64,44 Prozent und in New York (2007: 24,75 Prozent; 2008: 14,26 Prozent) um stolze 79,78 Prozent. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 02./03.01.2010)