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Wien - 2010 wird ein gutes Jahr für die ÖBB. Wohl nicht, was das operative Ergebnis der mit bald 14 Milliarden Euro Schulden beladenen Österreichischen Bundesbahnen betrifft, zumindest aber, was die Zahl der Vorstandsposten anbelangt. Da heuer zahlreiche Vorstandsmandate auslaufen, kann die rot-schwarze Koalition in einem Ausmaß Posten nachbesetzen, wie dies zuletzt bei der ÖBB-Reform im Jahr 2004 der Fall war, als der Koloss Österreichische Bundesbahnen in eine Holding mit 17 Konzerngesellschaften zerteilt wurde.

Heiß ersehnt, insbesondere in der ÖBB-Güterverkehrssparte Rail Cargo Austria (RCA), wird der Abgang des für den Absatzbereich zuständigen Holding-Vorstandsmitglieds Gustav Poschalko. Der dürfte sich allerdings nicht - wie in der Holding-Aufsichtsratssitzung am 1. Dezember angestrebt - bis Ende Februar ausgehen. Denn die Bewerbungsfrist für das am 12. Dezember ausgeschriebene Mandat endet erst am 29. Jänner. So tatsächlich eine Führungskraft mit ausgewiesener "Markt- und Vertriebsorientierung" gesucht und gefunden wird, muss selbige auch noch dem Koalitionsproporz entsprechen, respektive eher rot sein, denn mit Josef Halbmayr sind die Finanzen wie in der ganzen Bahn fest in schwarzer Hand.

Rosen gestreut als Poschalko-Nachfolger werden bahnintern Franz Seiser, derzeit Geschäftsführer der ÖBB-Werkstätten (Technische Services). Der Techniker ist zwar politisch sehr flexibel und kompatibel, allerdings alles andere als ein Vertriebsprofi, der in Güterverkehr oder Personenverkehr Erfahrung hat.

Seiser, so heißt es, würde allenfalls als Nachfolger für Holding-Vorstandssprecher Peter Klugar passen, ebenfalls ein Eisenbahntechniker. Will die Koalition jedoch, wie versprochen. ÖBB-Chefposten einsparen und Schnittstellen beseitigen, müsste sie Klugars Posten ersatzlos streichen und den Vertriebsvorstandsdirektor zum ÖBB-Chef machen.

Rot-Schwarz fein austariert

Dass sich die Schwarzen bei der Postenbesetzung nicht viel leichter tun als die Roten, zeigt sich am Finanzchef für den ÖBB-Personenverkehr. Wiewohl seit einem Jahr vakant, wurde für den Schlüsselposten noch immer kein Kompromisskandidat gefunden. Da der ÖVP-Kandidat abgesprungen ist, der nach öffentlicher Ausschreibung und Beiziehung eines Personalberaters auserkorene Zweitgereihte aber dem SP-Lager zugehört, kommt als Ausweg nur ein "Personalpaket" infrage, also ein Abtausch mit einem anderen Posten. Andernfalls könnten nicht zum Zug gekommene Kandidaten gemäß Stellenbesetzungsgesetz klagen. Dagegen hilft auch eine Wiederholung der Ausschreibung nicht.

Spannung verspricht auch die Neuaufstellung an der Spitze der ÖBB-Infrastruktur-AG. Die aus ÖBB-Bau und -Betrieb fusionierte Besitzerin des 6000 Kilometer langen ÖBB-Schienennetzes (hat fast 20.000 Mitarbeiter und alle Immobilien) hat derzeit fünf Vorstandsmitglieder. Davon drei - Arnold Schiefer, Herwig Wiltberger und Finanzchef Gilbert Trattner - haben Verträge bis Ende 2010. Trattner und Wiltberger werden als Pensionsanwärter gehandelt, Schiefer (ehemals FPÖ-Gemeinderat in Innsbruck und Sektionschef unter FPÖ-Verkehrsministerin Monika Forstinger) hängt in der Luft. Da die ÖBB-Infrastruktur nicht allein von Baumanagern wie Andreas Matthä und Georg-Michael Vavrovsky geführt werden kann, sondern mindestens einen Bahnbetrieb-Chef braucht, könnte Schiefer sogar bleiben.

Keine sichere Bank, aber auch nicht ausgeschlossen ist eine weitere Verlängerung des Vorstandsmandats von Ferdinand Schmidt in der RCA. Der RCA-Produktionsvorstand wurde soeben in Personalunion zum Geschäftsführer in der ÖBB-Traktion/Produktion gemacht - was ohne Ausschreibung freilich nur so lange möglich ist, wie der einst bei Lauda Air beschäftigte und unter Blau-Schwarz in die ÖBB gehievte Schmidt im ÖBB-Güterverkehr als Vorstandsdirektor fungiert. Würde dieses Mandat bis Ende 2010 nicht verlängert, müsste ein zweiter Geschäftsführer für die ÖBB-Traktion ausgeschrieben werden. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe, 2.1.2010)