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Die Predigten von Anwar al-Awlaki fanden sich auf Laptops, CDs und Audio-Clips von Terrorverdächtigen in den USA, Kanada und Großbritannien. Auf Foren rief er mit Texten wie "44 Wege zur Unterstützung des Djihad" oder "Warum Muslime den Tod lieben" dazu auf, nichtislamische Länder und "Ungläubige" zu attackieren. Man könnte ihn auch die digitale Stimme des Djihad nennen. Seine Facebook-Fanseite war jedenfalls gut besucht, sein Publikum lebt in den USA, ist jung, gebildet und muslimisch. Und spricht englisch, wie Awlaki selbst auch, der in den USA Al-Kaida-Nachwuchs rekrutieren soll.

Awlaki wurde 1971 in Mexiko geboren. Sein Vater Nasser, ein Jemenit, arbeitete nach seinem Doktoratsstudium an der Uni in Minnesota. 1978 kehrte die Familie in den Jemen zurück. Dort wurde der Vater Landwirtschaftsminister und Präsident der Universität von Sanaa. Awlaki junior ging 1991 zurück in die USA, studierte Technik und Pädagogik und wurde ab 1996 Imam in Colorado und Kalifornien. Damals fiel er den Behörden durch sein Interesse an Prostituierten auf. 1999 stand Awlaki dann an der Spitze einer Wohltätigkeitsorganisation, die das FBI später als eine "Frontorganisation zur Weiterleitung von Geld an Terroristen" bezeichnete. Später predigte er in Washington an der Uni. 2002, als das FBI ihn unter die Lupe nahm, ging er nach London, dann in den Jemen.

Heute ist Awlaki für das FBI ein "hochrangiger Anwerber für Al-Kaida" und spiritueller Motivationsgeber. Sicherlich ist der Mann mit dem milden Lächeln und dem weißen Gewand eine Quelle der Inspiration für Terroristen. Drei der 9/11 Attentäter lauschten seinen Gebeten, zwei besuchten seine Moschee in San Diego, bei einem "Hamburger" 9/11-Attentäter fand man seine Telefonnummer. Auch Nidal Malik Hasan, der im November traurige Berühmtheit erlangte, als er auf auf dem Militärstützpunkt Fort Hood mehrere Personen erschoss, stand mit Awlaki in regem Mail-Kontakt. Nach der Bluttat schrieb Hasan seinem Idol:"Ich kann es nicht erwarten dir nachzufolgen."

Seit bekannt wurde, dass offenbar auch Umar Farouk Abdulmutallab, der versuchte am 25. Dezember ein Flugzeug in Detroit in die Luft zu jagen, ebenfalls mit Awlaki in Verbindung stand, steht letzterer im Zentrum der Ermittlungen amerikanische und jemenitischer Behörden. Awlaki ist jedoch seit März 2009 im Jemen nicht mehr lokalisierbar. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 2.1.2010)