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Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Als beim Fahrplanwechsel des Jahres 2002 alle auf dem Gebiet der österreichischen Bundeshauptstadt liegenden Bahnhöfe und Haltestellen im Kursbuch der ÖBB den Zusatz "Wien" bekamen, vergaß man dies beim Kahlenbergerdorf. ÖBB-Kenner deuteten es als böses Vorzeichen; sie behielten recht, zwei Jahre später gab es diesen Halt nicht mehr, die Züge brausten von Klosterneuburg-Kierling bis Nußdorf durch. Aber: Ganz verschwunden ist diese Haltestelle bis heute nicht, denn sie fungiert immer noch - wie eine Geisterhaltestelle - als Grenze zur Kernzone des Verkehrsverbundes Ost-Region.

Wer auf der Franz-Josefs-Bahn etwa von Greifenstein beim Automaten ein VOR-Ticket nach Wien löst und mit einem ordnungsgemäß entwerteten Straßenbahnfahrschein oder mit einer Netzkarte in der Bundeshauptstadt weiterreisen möchte, muss nur einen Fahrschein bis zur Stadtgrenze lösen; und diese ist in Kahlenbergerdorf, für das der Zusatz "Kein Halt" angegeben ist. Boshafte Naturen fragen nun, wie der Schaffner reagiert, der knapp vor Nußdorf die Fahrscheine kontrolliert und nur ein Straßenbahnticket präsentiert bekommt, weil der Passagier knapp nach Passieren des Kahlenbergerdorfs den bis zur Stadtgrenze gültigen Fahrausweis, weil nicht mehr benötigt, weggeworfen hat?

In diesem Zusammenhang erhebt sich die Frage, warum im Kursbuch beim entsprechenden Fahrplanbild kein Vermerk aufscheint, dass eine neue Haltestelle eingerichtet oder eine alte aufgelassen worden ist. Das wäre nämlich Dienst am Kunden. Es gibt einen aktuellen Anlass: Zwischen Salzburg Hauptbahnhof und Freilassing wurden im Zuge des Ausbaus des S-Bahn-Verkehrs zwei neue Haltestellen eingerichtet, Salzburg-Aiglhof und Salzburg Mülln-Altstadt. Einen separaten Hinweis im Fahrplanbild 2010 gibt es nicht. Die Heimischen wissen das wahrscheinlich, die anderen geht es offensichtlich nichts an.

Die Methode hat Tradition, wenn auch eine schlechte. Man erinnert sich an die Haltestelle Wien-Wolf in der Au auf der Westbahn oder an Wöllersdorf-Marchgraben auf der Gutensteiner Strecke und andere Beispiele. Besonders unangenehm für Bahnbenutzer wird es, wenn man nicht auf bereits eliminierte Stationen hinweist. Was den ÖBB aber anscheinend egal ist.

Nur nicht zu viel Information, das scheint die Kursbuch-Philosophie zu sein. Aus dieser Logik heraus sind im Übersichtsplan "Bahnnetz Österreich" daher die Strecken mit Schnellzugverkehr nicht mehr extra ausgewiesen, es wird nur mehr zwischen Normal- und Schmalspur unterschieden. Die Erlebnisbahn Reblaus-Express Retz-Drosendorf etwa ist aus der Übersicht verschwunden, obgleich man auf Seite 630 den Fahrplan findet. (Bernd Orfer, DER STANDARD Printausgabe, 2./3.01.2010)