Hongkong - Tausende Menschen haben am Freitag in Hongkong für Demokratie und für die Freilassung des in Peking zu elf Jahren Gefängnis verurteilten chinesischen Bürgerrechtskämpfers und PEN-Präsidenten Liu Xiaobo demonstriert. Nach Angaben der Organisatoren zogen rund 30.000 Demonstranten durch das Stadtzentrum der vormaligen britischen Kronkolonie, die Polizei sprach dagegen von nur etwa 4600 Teilnehmern. Am Rande der insgesamt friedlich verlaufenenen Proteste kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen Einsatzkräften und etwa hundert Demonstranten.

Die britische Kronkolonie wurde am 1. Juli 1997 an China zurückgegeben und genießt seitdem Autonomie als sogenanntes Sonderverwaltungsgebiet. "Ich will keine falsche Demokratie. Ich will ein echtes allgemeines Wahlrecht", forderte Gewerkschaftsführer Lee Cheuk-yan, er auch Abgeordneter zum Hongkonger Legislativrat ("Legco") ist. Sozialdemokraten-Chef Wong Yuk-man wertete die große Teilnehmerzahl als "deutliches Signal an Peking" für einen Fahrplan zu allgemeinen Wahlen in Hongkong. Die Zentralregierung will erst 2017 den Hongkonger Regierungschef wählen lassen, drei Jahre später soll das sogenannte Parlament gewählt werden.

Die kommunistischen Machthaber in Peking verwehren der Bevölkerung der früheren britischen Kronkolonie bis frühestens 2017 ein formaldemokratisches Regierungssystem. Bisher gibt es keine freie Wahl aller Mitglieder des Legislativrates. Von den Mitgliedern des Legislativrats wird nur die Hälfte von der Bevölkerung gewählt. Im Nationalen Volkskongress in Peking ist das Sonderverwaltungsgebiet ausschließlich durch Persönlichkeiten vertreten, die der kommunistischen Führung genehm sind. Bei Hongkonger Kommunalwahlen hatte die KP 2003 eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen, die sich aber nicht auf die Machtverhältnisse ausgewirkt hat. Bei den Wahlen der Gemeinderäte hatte die KP-treue "Demokratische Allianz für ein besseres Hongkong" ein Viertel ihrer Mandate verloren.

Der Hongkonger Regierungschef wird von einem rund 800 Mitglieder zählenden Wahlmännergremium gekürt, über dessen Zusammensetzung in Peking entschieden wird. Der 62-jährige Finanzexperte Donald Tsang hatte 2005 den ersten Verwaltungschef, den Reeder und Großunternehmer Tung Chee-hwa, abgelöst. Hongkong wird nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" quasi autonom als Sonderregion verwaltet. Die Formel stammt vom verstorbenen kommunistischen Staatsoberhaupt Marschall Ye Jianying und war von der taiwanesischen Regierung als "Schwindel" abgelehnt worden. Taiwan hat das Modell mit Hinweis auf die fehlende Demokratie in dem von Peking gleichgeschalteten Sonderverwaltungsgebiet Hongkong kategorisch abgelehnt. (APA/APD)