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Lobbyist Mensdorff-Pouilly, Rechtsanwalt Schuster bei der Enthaftung in Wien im April 2009: Englische und österreichische Behörden ermitteln nach wie vor.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien/London - Der österreichische Anwalt des Rüstungslobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly, Harald Schuster, hat ein Schreiben aus London bekommen. Er will jedoch bis Freitag nichts Inhaltliches sagen, erklärte Schuster Montagvormittag. Mensdorff-Pouilly war nach seiner Einvernahme in London am Freitag in Gewahrsam genommen worden und muss mindestens bis 5. Februar in Haft verbleiben. Dann kann er eine Freilassung gegen Kaution beantragen. Bis dahin gelte eine "Informationssperre", sagte sein Anwalt.

Mensdorff, für den die Unschuldsvermutung gilt, wird Verabredung zur Korruption vorgeworfen. Konkret soll es um Bestechungsgelder an Amtsträger und Regierungs-"Agenten" beim Verkauf des Abfangjägers Gripen in Ungarn und Tschechien gegangen sein. Als drittes Land nennt die britische Anti-Korruptionsbehörde SFO Österreich.

Pilz rechnet mit Anklage

Der Grüne Peter Pilz glaubt, dass nach der Inhaftierung Mensdorff-Pouillys in Großbritannien auch in Österreich Bewegung in die Causa komme: Zumindest mit einer Anklage wegen falscher Zeugenaussage im parlamentarischen U-Ausschuss sei zu rechnen. Damals habe der Lobbyist zum Thema Eurofighter im Parlament gelogen, sagt Pilz.

Mensdorff-Pouilly, für den die Unschuldsvermutung gilt, hatte laut Ausschuss-Protokoll jegliche Verwicklungen in Waffengeschäfte bestritten: "Es waren weder ich noch meine Firma MPA Handels-GesmbH in die Abfangjägerbeschaffung in Österreich involviert, weshalb es auch keine Verträge dazu von mir und meiner Firma mit Gripen, SAAB, Eurofighter oder EADS gab." Seine Aufgabe sei es, Firmen zu beraten und Kontakte zu für sie relevanten Geschäftspartnern herzustellen.

Darabos gibt Unterlagen frei

Das Verteidigungsministerium in Wien kündigte indes volle Kooperation mit den österreichischen Behörden an. Man habe schon 2008, als wegen des Verdachts der Bestechung und der Geldwäsche in Zusammenhang mit dem Ankauf der Eurofighter Hausdurchsuchungen bei Mensdorff durchgeführt wurden, der Justiz alle Unterlagen übermittelt.

Es habe damals ein intensiver Austausch stattgefunden, hieß es aus dem Ministerium am Montag. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hatte Untersuchungen angekündigt, um etwaige "Auffälligkeiten" in der Bewertungskommission für den Abfangjäger-Ankauf zu untersuchen. Alle diesbezüglichen Dokumente seien der Staatsanwaltschaft übermittelt worden, sagte ein Sprecher heute.

Fragwürdige Konten in Liechtenstein

Das österreichische Verfahren hat sich bisher verzögert, weil es im Zusammenhang mit Kontoöffnungen in Liechtenstein Schwierigkeiten gibt. Um Mensdorff-Pouilly eine mögliche Beteiligung an der Verschiebung von aus strafbaren Handlungen gewonnenem Vermögen nachweisen zu können, hatte die Wiener Anklagebehörde die Öffnung zahlreicher Konten beantragt. Die davon unmittelbar Betroffenen, darunter angeblich auch einige Bankinstitute, legten dagegen Beschwerde ein.

Ob die erwünschten Kontenöffnungen zulässig sind, haben die zuständigen Gerichte in Liechtenstein noch nicht endgültig entschieden. "Wir müssen zunächst einmal den Instanzenzug abwarten", meinte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Michaela Schnell, diesen Montag. Wann die Untersuchungen abgeschlossen werden können, sei daher derzeit nicht absehbar.

Englische Behörden führen eigenes Verfahren

Wie die Behördensprecherin betonte, führen die englischen Behörden gegen Mensdorff-Pouilly ein eigenes Verfahren, in dem Vorwürfe im Raum stehen, die über jene hinausgehen, die vom Inlandsverfahren umfasst sind. So soll der 56-jährige Graf vor allem als Lobbyist für den britischen Rüstungskonzern BAE Systems in Bestechungsvorgänge bei nationalen und internationalen Beschaffungsvorgängen für militärische Gerätschaften verwickelt gewesen sein.

Die englische und die heimische Justiz kooperieren jedoch bei ihren Ermittlungen, wobei auch EU-Behörden eingeschaltet sind. So soll die neuerliche Verhaftung Mensdorffs - auf Antrag der Staatsanwaltschaft Wien war er bereits Ende Februar 2009 für fünf Wochen in U-Haft gekommen - von der Einheit für justizielle Zusammenarbeit der Europäischen Union (EUROJUST) koordiniert worden sein.

Keine Ermittlungen in Tschechien und Ungarn

In den Ländern, die von den Vorwürfen gegen Mensdorff-Pouilly stark betroffen sind, ermitteln die Behörden hingegen nicht mehr aktiv. In Tschechien und Ungarn wird gegen den österreichischen Lobbyisten nicht ermittelt, ergab ein Rundruf bei den dortigen Behörden. Dabei sollen gerade diese beiden Länder in noch größerem Ausmaß als Österreich betroffen sein. In Schweden waren die Ermittlungen im Juli vergangenen Jahres wegen Verjährung der Delikte eingestellt worden - trotz Beweisen. (APA)