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Wer wissen möchte, woher sein Essen kommt, muss im Supermarkt genau hinschauen - und oft reicht nicht einmal das

Foto: AP Photo/Michael Probst

Wien - "Hartberger Bauernquargel" und "Käse aus Österreich" steht auf der Packung - doch weder ein steirischer Bauer noch eine heimische Kuh haben etwas dazu beigetragen. Der Quargel wurde in einer Fabrik in Hartberg in der Steiermark gefertigt, aus deutschem Industrietopfen, der wiederum aus niederländischer Milch gewonnen wurde.

An sich nichts Ungewöhnliches. Wie aber im Februar bekannt wurde, starben im vergangenen Jahr sechs Menschen an einer Listerien-Infektion, nachdem sie den Käse gegessen hatten. Hersteller Prolactal startete eine Rückholaktion und stoppte die Produktion.

"Bei uns laufen die Telefone heiß", sagt Martin Gressl von der AMA. "Die Leute rufen an, obwohl der Käse gar nicht unser Gütesiegel hatte." Viele Anrufer fühlten sich durch die Kennzeichnung "österreichisch" getäuscht. "Zu wissen, woher ein Lebensmittel kommt, ist ein Hauptanliegen der Konsumenten", sagt auch Birgit Beck vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). "Den Leuten wurde lange erklärt: Produkte aus Österreich sind etwas Besonderes. Immer mehr wollen auch nicht, dass ihr Essen so weit reist", erklärt sie. Risikoforscher hätten auch heraus gefunden, dass Kunden das Vertrauen in ein Produkt verlieren, wenn sie das Gefühl haben, dass ihnen etwas verschwiegen wird.

Der VKI fordert daher, dass auf Lebensmitteln ausgewiesen wird, wo die Hauptzutaten herkommen. Chinesisches Mehl in Spaghetti, bulgarische Puten in der Wurst - oder eben deutscher Topfen im Käse. Derzeit ist das nicht so. Der Ländercode des Barcodes gibt nur an, wo eine Firma erstmals registriert wurde, die Österreich-Auslobung - das Kürzel AT - nur, dass ein Produkt mindestens zur Hälfe hier gefertigt wurde.

Markenname statt Herkunft

",Hartberger Quargel' ist keine Herkunftsbezeichnung, sondern eine Marke, ein Brand", sagt Rosemarie Schuller, Sprecherin von Prolactal. Etwa 1000 Tonnen Topfen verarbeite Prolactal jährlich - "Es ist unmöglich, diese Menge in der Steiermark zu bekommen."

Ein Schwein, das in Bulgarien geboren, in Holland geschlachtet und in Österreich geräuchert und verpackt wird, kann als Tiroler Speck verkauft werden. Nur bei Obst, Gemüse, Frischfisch und Rindfleisch muss die Herkunft ausgewiesen werden. Bei Letzterem seit dem BSE-Skandal. Hersteller wenden oft ein, dass es unmöglich sei, die Herkunft der Rohstoffe auf einem Etikett auszuweisen: Der Platz würde nicht ausreichen für die vielen nötigen verschiedenen Sprachen, außerdem würden die Herkunftsländer der Rohstoffe oft von Charge zu Charge wechseln.

Auch Gütesiegel sagen meist nichts über die Herkunft der Rohstoffe. BIO-Siegel garantieren nur die biologische Produktion. Sicher aus Österreich kommen Produkte, die das AMA-Gütesiegel tragen (siehe Wissen).

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) will für mehr Klarheit sorgen. "Täuschungskontrolle" werde eine der Schwerpunkte seines Ressorts 2010, kündigte Stöger im Vorjahr an. Sein Team arbeitet derzeit an einem neuem Gesetz, das Kriterien für Gütezeichen festlegen soll. Auch das Problem mit der Herkunftskennzeichnung soll darin geregelt werden - indem etwa nur derjenige ein Gütezeichen bekommt, der angibt, von wo die Rohstoffe für ein Produkt kommen. So sollen überflüssige Gütezeichen entfernt werden, weil sie die Konsumenten verwirrten. Das Gesetz, das bisher Gütezeichen regelte - die Reichsgütezeichenverordnung von 1942 - ist mit Anfang 2010 ausgelaufen.

Am Donnerstag treffen sich Vertreter des Gesundheitsministeriums, des Landwirtschaftsministeriums, der Sozialpartner und der AMA, um die geplante Regelung zu diskutieren. Die Verhandlungen könnten schwierig werden: Stögers Vorschlag sei "nicht zweckmäßig", sagt Doris Ostermann, Sprecherin von Landwirtschaftsminister Nikki Berlakovich (ÖVP). Darin seien mehrere Gütezeichen vorgesehen, das würde nur zu Wildwuchs führen. Sie wünscht sich, dass nur das AMA-Gütesiegel als einzig staatlich anerkanntes erhalten bleibt. (Tobias Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 24.2.2010)