Foto: Victoria and Albert Museum

Nein, die Direktorin der Münchner Hypo-Kunsthalle ritt nicht auf einem Elefanten ein. Und ja, Maharana Arvind Singh Mewar of Udaipur, Oberhaupt der wohl ältesten Herrscherdynastie der Welt, trug auf der Pressekonferenz der Ausstellung Maharaja, zu der seine Familienstiftung wichtige Exponate beisteuerte, tatsächlich einen grünen Lodenjanker.

Weitaus größeres Staunen löst die Schau selbst aus, die das Londoner Victoria and Albert Museum konzipierte und die nun als einzige weitere Station an der Isar gastiert. Denn der Untertitel Pracht der indischen Fürstenhöfe ist untertrieben. Fahrlässig tiefgestapelt. Wer gedacht hat, die sachlichen Ausstellungsräume der Kunsthalle würden sich nicht für lebensgroße Elefantenmodelle und extravagante Geschmeide eignen, für Kostüme, Hochzeitssaris, Colliers und aus Gold getriebene Throne, für farbenprächtige meterlange Miniaturen, edelsteinbesetzte Schwerter, Möbel und Tee-Service, der wird dank der einfallsreichen, in sattrot und dunkeltürkisfarben gehaltenen Ausstellungsarchitektur eines Besseren belehrt.

Etwas mehr als zwei Jahrhunderte indischer Geschichte werden mit 250 exquisiten Objekten illustriert, die teilweise erstmals in Europa zu sehen sind. Wie beispielsweise das legendäre Collier von Patiala. Dieser 2002 restaurierte zwei Kilo schwere Schmuck bestand zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung im Jahr 1928 aus 2930 Diamanten - der größte Einzelauftrag in der Geschichte der Firma Cartier. Rang, Status, Aufgaben, aber auch Palastleben der Maharadschas, was übersetzt "große Könige" bedeutet, werden erhellt; deren Funktion als militärische, geistliche, politische Führungsfiguren als auch als Kulturmäzene. Die sich teils mit den Briten arrangierten, teils gegen sie revoltierten. Der bekannteste Aufstand war die "Indian Mutiny" von 1857. Da hatten die Machtverschiebungen auf dem Subkontinent schon große Ausmaße angenommen. Die British East India Company hatte die miteinander rivalisierenden Hochadeligen in Süd- wie in Nord- und Nordostindien gegeneinander ausgespielt und ihre eigene Einflusssphäre ausgeweitet. Was auch zu einer Annäherung beider Kulturen führte.

Moderne in Indien

Dass und wie sich die Maharadschas nach 1910 der Moderne öffneten, zeigen zahllose Luxusgegenstände. Unübersehbar ist der Wandel in Design und Architektur. So lieferte der Pole Stefan Norblin dezidiert westliche ultraluxuriöse Innendesign-Entwürfe für den New Palace des Maharadscha Lakhadiraj in Morvi. Die Maharadschas hielten sich in den 1930er-Jahren oft in Europa auf, ließen sich von Man Ray oder Cecil Beaton fotografieren und in westlicher Kleidung porträtieren. Ihre Ehefrauen wurden in Modezeitschriften zu beliebten exotischen Modellen.

Auch wenn Kuratorin Anna Jackson die Maharadschas als Meister im Adaptieren bezeichnet, so konnten viele später ihren märchenhaften Lebensstil trotz staatlicher Apanage nicht aufrechterhalten und wandelten ihre Paläste in Luxushotels um. Das Jahr 1947, Endpunkt der Schau, war mit der Gründung der Republik eine Zäsur für sie.

Nur eines hat die Kunsthalle nicht geschafft. Den Rolls-Royce Phantom I, den 1927 der Maharana Bhupal Singh in Auftrag gab, in die im zweiten Stock gelegenen Ausstellungsräume zu transportieren. Die Sonderanfertigung ist schlicht zu schwer. (Alexander Kluy aus München, DER STANDARD/Printausgabe, 02.03.2010)