60 alte Straßenbahn-Garnituren fahren mit Außenspiegel durch die Stadt, 240 weitere müssen noch aufgerüstet werden.

Foto: Regine Hendrich

Wien - Wird bei einer alten Straßenbahngarnitur künftig ein Fahrgast in der Tür eingezwickt, kann das der Fahrer gar nicht nicht bemerken, sagt Martin Muschits. "Dann leuchtet sofort ein rotes Licht auf" , sagt der bei den Wiener Linien für Elektrotechnik zuständige Experte, "und sollte der Fahrer trotzdem den Fahrhebel vordrücken, ist der Strom weg."

Nachdem es in den letzten drei Jahren vermehrt zu schweren, teilweise tödlichen Unfällen kam, bei denen Fahrgäste in der Tür eingeklemmt und von der Straßenbahn mitgeschleift wurden, bringen die Wiener Linien die alten Bims sicherheitstechnisch auf den neuesten Stand. Angekündigt wurde die Maßnahme bereits Ende 2008, bis Mai sollen nun alle 240 Garnituren vom Typ E1 mit der neuen Türfühlerkante ausgestattet sein.

Die elektronische Sicherheitsvorrichtung reagiert laut Wiener Linien wesentlich sensibler auf Druck als die alte, die mit Druckluft gesteuert wurde. Außerdem ist der neue Türfühler auch 30 Sekunden, nachdem die Straßenbahn losgefahren ist, noch aktiv. So sollen Passagiere, die sich bereits nach Abfahrt noch schnell in die Bim zwängen wollen, künftig nicht mehr mitgeschleift werden. 90 Prozent der Garnituren, die sich seit den 60ern durch die Stadt schlängeln, sind bereits umgerüstet. Das Nachfolgemodell E2 sowie die Niederflurstraßenbahn sind ohnehin mit einem zusätzlichen Sicherheitssystem ausgestattet und müssen laut Wiener Linien nicht umgerüstet werden. Zwei Millionen Euro stecken die städtischen Verkehrsbetriebe in die sensibleren Türfühler.

Neue Rückspiegel

Eine weitere Million fließt in die neuen Rückspiegel für die alte Bim. Nachdem man bei den Wiener Linien lange der Auffassung war, dass eine nachträgliche Anbringung von Rückspiegeln bei den rot-weißen Straßenbahnen nicht möglich ist, kam vor gut einem Jahr die Ankündigung, einen passenden Außenspiegel entwickeln zu wollen.

Die Magistratsabteilung MA64 hatte als zuständige Aufsichtbehörde dem stadteigenen Betrieb diese Maßnahme nahegelegt. In der Umsetzung ist man bei den Rückspiegeln allerdings noch lange nicht so weit wie bei den Türfühlern: Von 300 Fahrzeugen sind gerade einmal 60 umgerüstet. "Es hat einige Monate gedauert, bis das Modell entwickelt und das Genehmigungsverfahren abgeschlossen war" , sagt Muschits. Bis Jahresende soll aber keine Bim mehr ohne Außenspiegel unterwegs sein. Wesentlich schneller wird wohl der Kontrollamtsbericht zu den Sicherheitsstandards bei den Wiener Linien fertig sein: Die VP brachte im Jänner einen Antrag ein, die städtischen Prüfer sollen feststellen, ob die Verkehrsbetriebe auf die schweren Unfälle in den letzten Jahren ausreichend reagiert haben.

Fahrgastrekord

Die Zahl der Menschen, die in Wien mit den Öffis unterwegs sind, ist jedenfalls gestiegen: Im abgelaufenen Jahr stellten die Wiener Linien zum sechsten Mal in Folge einen Fahrgastrekord auf: 811,9 Millionen Fahrgäste nutzten 2009 den öffentlichen Nahverkehr, was einem Anstieg von einem Prozent entspricht. Heuer befördern die Wiener Linien möglicherweise noch mehr Menschen: Durch die Einführung des Nachtbetriebs der U-Bahn am Wochenende hofft man auf eine weitere Fahrgaststeigerung. Unter der Woche nutzen derzeit 8000 Fahrgäste die Nachtbusse, am Wochenende sind es doppelt so viele. (Martina Stemmer/DER STANDARD-Printausgabe, 2.3.2010)