Bild nicht mehr verfügbar.

Mitglieder der französischen Organisation "Weder Huren noch Unterdrückte" fordern verschleiert ein Burka-Verbot. Nur sehr wenige Musliminnen in Europa tragen den Ganzkörperschleier.

Foto: APA/EPA/YOAN VALAT

Bild nicht mehr verfügbar.

Modeschau in Oslo: Die Burka ist längst ein Symbol.

Foto: REUTERS/Mattis Sandblad

Das Reizwort "Burka" geht in Europa seit Monaten um. Länder wie Österreich sehen noch keinen Handlungsbedarf. In Dänemark hält die konservative Regierung die Behörden, Schulleitungen und Firmen aber mit Nachdruck an, gegen den Ganzkörperschleier vorzugehen. Auf ein Gesetz verzichtet sie nur, weil JuristInnen ein vollständiges Verbot als verfassungswidrig einstufen.

Die Niederlande wollen den "Niqab"- wie die korrekte Bezeichnung lautet, während die Burka das afghanische Stoffgitter meint - aus Schulen und dem öffentlichen Dienst verweisen. In Italien dürfte der Wahlsieg der Lega Nord, die schon 2009 ein Burka-Verbot verlangt hatte, eine neue Gesetzesdebatte auslösen.

Belgien könnte bald noch weiter gehen. Diese Woche verabschiedete ein Parlamentsausschuss einen Vorschlag für ein vollständiges Schleierverbot selbst auf Straßen, in Parks oder Sportanlagen. Als Sanktionen winken Strafzahlungen. Die Abgeordnetenkammer muss erst noch abstimmen.

Sie wartet auf Frankreich, das als erstes großes EU-Land in den kommenden Wochen über ein Burka-Gesetz befinden wird. Der Entscheid dürfte eine ähnliche Signalwirkung haben wie 2004, als Frankreich bereits das islamische Kopftuch, das nur die Haare bedeckt, aus den öffentlichen Schulen verbannte.

Wie damals kritisieren Muslimverbände, ein Niqab-Verbot würde ihre Religionsgemeinschaft als Ganzes stigmatisieren. Islamisten drohen mit "Konsequenzen". LaizistInnen und Frauenrechtlerinnen drängen hingegen auf ein Verbot. Die große Frage ist, wie weit es gehen soll. Der französische Staatsrat hat diese Woche davor gewarnt, den Schleier gänzlich von der Straße zu verbannen: Dies verstoße womöglich gegen das Verfassungsgebot der individuellen (auch Bekleidungs-)Freiheit und würde wohl geklagt, prophezeit der Conseil d'Etat.

Teilverbot angedacht

Während Präsident Nicolas Sarkozy diesem Argument beipflichtet und nur ein Teilverbot wünscht, wollen zahlreiche ParlamentarierInnen auf der Rechten wie Linken ein komplettes Niqab-Verbot. Der Fraktionschef der Sarkozy-Partei UMP, Jean-François Copé, argumentiert, ein Teilverbot in Ämtern, Banken und ähnlichen Orten enthalte eine teilweise Zulassung an anderen Orten. Das widerspreche der Tradition einer Nation, die auf Menschen- und Frauenrechte Wert lege.

EinwanderungsexpertInnen meinen, im Unterschied zu 2004 seien nur ein paar hundert Frauen betroffen; deshalb hätte man besser ganz auf die Burka-Debatte verzichtet. Dafür ist es jetzt aber in Frankreich zu spät. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.4. 2010)