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Ein neues Papier ist auf der Welt: Bildungsministerin Claudia Schmied vertraut jedoch auf die alten Institutionen.

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Was ist zu erwarten, wenn man eine Reform und Aufwertung der Lehrerbildung, wie in den nun präsentierten Expertenempfehlungen vorgesehen, jenen Institutionen überlässt, die sich schon bisher als nicht willig oder nicht ausreichend ausgestattet erwiesen haben? Universitäten, die blind sind für die Anforderungen professioneller Entwicklung im Bereich der Lehrerbildung, und pädagogische Hochschulen, deren Dienstrecht und Finanzierungsstruktur den Aufbau einer akademischen Kultur lähmen. Ohne radikale Neuorientierung in der Substanz werden auch die neue Schläuche nur den alten Wein liefern.

An den österreichischen Universitäten ist ein klarer Wille für eine solche Neuorientierung nicht erkennbar. Keine hat es bis heute geschafft, der Lehrerbildung jenen Stellenwert einzuräumen, der seit Jahrhunderten für die Ausbildung von Medizinern oder Juristen eine Selbstverständlichkeit ist: Es gibt Fakultäten, die einerseits für die Ausbildung verantwortlich sind, andererseits durch Forschung, Entwicklung und Weiterbildung für das Berufsfeld ihrer Absolventen unverzichtbar sind. Eine akademische Profession braucht eine derartige Verankerung. In gewissem Sinn ist die derzeitige Lehrerausbildung an den Universitäten gerade das nicht, was ihr vielfach zugute gehalten wird: wissenschaftlich. Die angehenden Lehrer und Lehrerinnen kommen zwar mit Wissenschaften in Kontakt, die dort betriebene Forschung und Entwicklung hat aber mit ihrer zukünftigen Tätigkeit überwiegend nichts zu tun.

Die Grundeinstellung an den Universitäten ist die folgende: Lehrer-Sein ist eine Zusatzqualifikation, der Kern akademischer Ausbildung ist das Fach, alles Andere ist bloß Anhängsel. In diesem Sinn haben an den Universitäten jene Instanzen für die Lehrerbildung die Verantwortung, für die sie jeweils nicht das Hauptanliegen ist. Das gilt sowohl für die Fachinstitute als auch für die erziehungswissenschaftlichen.

Wie sieht es an den pädagogischen Hochschulen aus? Hier ist zwar Lehrerbildung das Hauptanliegen, die Praxisorientierung ist auch wesentlich größer, es fehlt aber weitgehend jene innovative wissenschaftliche Kraft, die Neues andenkt, und ausprobiert, die sich international verankert und die jene Dynamik in das Bildungssystem bringt, ohne die es eher der gesellschaftlichen Entwicklung nachhinkt als ihr voranzugehen. Praxisorientierung ist zu wenig für eine akademische Ausbildung, es bedarf auch der kritischen Distanz zur Praxis.

Um dieses akademische Potenzial aufzubauen, dazu bräuchte es entsprechendes Personal, Strukturen und Geld. Ich bin nicht sicher, ob nicht auch die pädagogischen Hochschulen blind sind für diese neuen Anforderungen, es lebt sich ja auch ganz gut in einer bewährten Lahmheit. Einige Rektoren sehen zwar die neuen Anforderungen sehr deutlich, gleichwohl sind sie gefangen im System einer zum Teil stark von außen gesteuerten schulischen Kultur ohne ausreichendes Forschungs- und Entwicklungsbewusstsein.

Die für eine akademisch-professionelle Lehrerbildung blinde Universität und die für eine solche zu lahme Pädagogische Hochschule sollen kooperieren? Ohne grundlegende Erneuerung bzw. Neubeginn, d. h. ohne Neugründung, wird nichts Besseres herauskommen als wir haben: Lehrer/-innen, die in der Entwicklung ihres professionellen Weitblicks von den offiziellen Ausbildungseinrichtungen weitgehend im Stich gelassen werden.

Es ist erstaunlich, wie viel an Ideen und Engagement für eine bessere Schule bei Lehrern und Lehrerinnen dennoch zu finden ist. Für die gemeinsame Reflexion, für gemeinsame professionelle Verantwortung für das Schulsystem und für eine andere als die gängige gewerkschaftliche Haltung gegenüber Reformen, dafür wäre eine akademische Lehrerbildungsinstitution notwendig, die diesen Namen verdient. (Roland Fischer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.4.2010)