Für viele Paare, deren Kinderwunsch jahrzehntelang unerfüllt blieb, ist die österreichische Regelung schmerzlich unverständlich: Es gäbe eine mögliche Lösung für ihr Problem - aber das Gesetz schiebt einen Riegel vor: In Österreich, nicht aber in anderen europäischen Ländern, dürfen bei künstlichen Befruchtungen weder Eizellen noch Spermien von anderen Personen verwendet werden. Der österreichische Gesetzgeber argumentiert, dass andernfalls ein florierender (Schwarz-)Handel mit Eizellen drohe. In Wirklichkeit wird aber genau diese Gefahr durch den "Export" der Eingriffe eher noch verstärkt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat sich nun eindeutig gegen die österreichische Regelung ausgesprochen. Sie sei diskriminierend - das in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschriebene Recht auf Achtung des Familienlebens ist jedenfalls höher zu bewerten als andere Bedenken.

Rein rational betrachtet stellt sich ohnehin die Frage: Wenn ein Paar Eizellen oder Spermien "adoptiert" - was ist eigentlich der Unterschied zu einer Adoption eines bereits geborenen Kindes? Die heimischen Reaktionen auf das EGMR-Urteil spiegeln aber eine große Verblüffung darüber wider, dass die derzeitige Regelung gekippt wurde. So sicher war man sich, dass man wirklich im Recht sei. Jetzt wird es spannend, ob die österreichische Regelung tatsächlich fällt - oder vom Gesetzgeber nur "repariert" wird. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD - Printausgabe, 2. April 2010)