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Nicht jeder, der in die Ambulanz kommt, ist ein Notfall. In Vorarlberg wird über den Einsatz niedergelassener Ärzte nachgedacht, um überfüllte Krankenhausambulanzen zu entlasten.

Foto: apa/Fohringer

Bregenz - "Triage" ist das neueste Lieblingswort von Landesstatthalter Markus Wallner(ÖVP), wenn er mit Ärzten diskutiert. "Triage-Praxen" und/oder eine Telefonzentrale mit "Triagefunktion" könnten die Krankenhausambulanzen entlasten, meint der Gesundheitspolitiker. Ursprünglich stammt der Begriff aus der Militärmedizin und umschreibt die heikle Selektion - wer bekommt bei knappen Mitteln Hilfe.

Krankenhäusern vorgelagerte Triage-Praxen hätten eine"Siebfunktion" , sagt Wallner. Die Ambulanzen seien überlastet, weil immer mehr Patienten statt zu niedergelassenen Ärzten gleich ins Spital gehen.Wallner: "Viele Leute kommen in die Ambulanzen, weil die durchgehende Öffnungszeiten haben, auch nachts und an Wochenenden." 450.000 Ambulanz-Frequenzen bei knapp 370.000 Einwohnern pro Jahr: Für Wallner ist dies "eine gewaltige Schieflage" , die medizinische Versorgung sei jedenfalls zu "spitalslastig" .

Triage-Modelle könne man diskutieren, sagt Michael Jonas, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer. Man müsse aber darauf achten, keine Zweit- und Drittstrukturen einzuführen. Die Ursache für den Ansturm auf die Ambulanzen sieht Jonas nicht im mangelnden Dienstleistungsbewusstsein seiner Kollegen, sondern in der E-Card. Seit das Steuerungsinstrument Krankenschein weggefallen sei, würden immer mehr Menschen statt zum praktischen Arzt gleich zum Facharzt oder in die Ambulanz gehen. Die Politik scheue sich aber, wieder Barrieren einzuführen.

"Vom Prinzip her sind Triage-Praxen eine gute Idee" , sagt die Dornbirner Allgemeinmedizinerin Gabi Sprickler-Falschlunger. Die Durchführung sei aber schwierig, schwächt die Gesundheitssprecherin der SPÖ ab. Denn man müsse niedergelassene Ärzte finden, die solche Praxen eröffnen. "Das heißt, man muss neue Kassenstellen schaffen, die will aber niemand finanzieren." Für etablierte praktische Ärzte sei eine Triage-Praxis wenig attraktiv: "Man hat ja seinen Patientenstock aufgebaut, die kann man dann nicht mitnehmen, man sollte ja die Ambulanzen entlasten. So eine Praxis ohne Patientenbindung will man eigentlich nicht."

Telefon-Ordination

Skeptisch beurteilt Sprickler-Falschlunger auch die Idee eines Ärztetelefons mit Triage-Funktion. "Beratung über Telefon ist eine schwierige Sache, wer trägt denn imErnstfall die Verantwortung?" Aus Wallners Sicht wäre die Telefonzentrale technisch leicht umsetzbar: "Die Anrufe könnten über die Rettungs- und Feuerwehrleitstelle gelegt werden. Auskunft könnte der jeweils diensthabende Arzt geben." Wer das bezahlt, müsse man aber noch diskutieren. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, nach Ostern werden dort Schweizer Experten über Telefonberatung informieren.

Ein weiteres Problem: 118 der 308 Kassenärzte werden in den nächsten Jahren in Pension gehen. Die Nachbesetzung von Landarztstellen ist allerdings bereits jetzt schwierig. (Jutta Berger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.4.2010)