Rom/Berlin - Der für Sexualdelikte zuständige Mailänder Staatsanwalt Pietro Forno erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kirche. "Die katholische Hierarchie schweigt und vertuscht", erklärte Forno, der sich seit vielen Jahren mit Pädophilie befasst, in einem Interview mit der Zeitung Il Giornale.

"In all diesen Jahren habe ich von Bischöfen oder Kirchenvertretern keinen einzigen Hinweis erhalten. Fast alle von mir geführten Ermittlungsverfahren gegen Priester wurden nach Anzeigen von Familienangehörigen eingeleitet, die sich vorher an die Kirche gewandt hatte, die keinen Finger gerührt hat. Ich bin sicher, dass die Bischöfe viel mehr wissen, als sie zugeben." Er sei verpflichtet, den Bischof zu veständigen, wenn er gegen einen Priester ermittle, umgekehrt gelte nicht dasselbe. Viele würden den Priesterberuf nur deshalb wählen, um besser an Kinder heranzukommen, so Forno. Häufig würden schuldige Priester nur versetzt.

In Deutschland ist die neu eingerichtete Beratungshotline der Kirche für Missbrauchsopfer überlastet. Am ersten Tag versuchten 4460 Anrufer durchzukommen, nur 162 hatten Erfolg. Die Regierung von Oberbayern prüft indes die Misshandlungsvorwürfe im Jugendhilfezentrum St. Josef. Dort soll der jetzige Augsburger Bischof Walter Mixa vor 30 Jahren Kinder gezüchtigt haben. Das Ordinariat hat die Vorwürfe als "absurd und erfunden" zurückgewiesen. (mu, red, DER STANDARD - Printausgabe, 2. April 2010)