München/Salzburg - Der Bayerische Rundfunk (BR) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) in Linz. Die OStA behindere Recherchen über den Brand in der Kapruner Gletscherbahn, bei dem 155 Menschen am 11.11. 2000 ums Leben kamen. "Bei Recherchen zum Seilbahnunglück in Kaprun hat die Oberstaatsanwaltschaft Linz massiv interveniert", hieß es in einer BR-Mitteilung vom Donnerstag in München.

Wegen einer Beschwerde der OStA ist dem Drehteam des BR-Politikmagazin "Kontrovers" vom 31.3. um 21.15 Uhr der Zutritt zur Asservatenkammer in Salzburg verwehrt worden, obwohl der zuständige Salzburger Richter Manfred Seiss eine Drehgenehmigung erteilt hatte. In der Kammer lagern noch Beweisstücke aus der Kapruner Unglücksbahn (u.a. der ursprünglich intakte Heizlüfter aus dem unversehrten Zug, das verwendete Öl, ölgetränkte Dämmwolle und Öl getränkte Lärchenholzbretter, Anm.) Die OStA Linz beruft sich in ihrem Untersagen auf "öffentliche und private entgegenstehende Interessen".

Die OStA Linz sei massiv befangen, da gegen sie Anzeige wegen der Korruption bei der StA Heilbronn erstattet worden war. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner lasse diese StA trotz Kenntnis dieser Anzeige weiterarbeiten, kritisierte der Wiener Opfer-Anwalt Gerhard Podovsovnik in einem Brief an Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Der Advokat forderte "endlich mit dem Filz in Kaprun aufzuräumen und eine unbefangene Staatsanwaltschaft zu betrauen". In einem Brief an Bandion-Ortner verlangte Podovsovnik den Rücktritt der Justizministerin.

Skandalös hält der Anwalt der Kaprun-Opfer auch an der gesamten Vorgangsweise, dass die StA Salzburg im Rahmen von Wiederaufnahmebestrebungen gegen die vier Gutachter für befangen erklärt wurde, nachdem die Beschuldigten einen Befangenheitsantrag eingebracht haben. "Dort hat das Justizministerium sofort reagiert. Die persönlich angezeigten Oberstaatsanwälte und die Leiterin der OStA dürfen aber trotz voller Kenntnis der Strafanzeige im Justizministerium in Sachen Kaprun munter weiterarbeiten", so Podovsovnik.

Oberstaatsanwaltschaft weist Vorwürfe zurück

Die Oberstaatsanwaltschaft Linz wies indessen am späten Nachmittag die Vorwürfe des Bayerischen Rundfunks vehement zurück. Die OStA Linz habe gegen die Entscheidung des Erstrichters Manfred Seiss "aus rechtlichen Erwägungen Beschwerde erheben" müssen, teilte die OStA der APA mit.

Nach der Strafprozessordnung setze die Gewährung der Akteneinsicht ein begründetes rechtliches Interesse voraus, "ein solches wurde von dem diese Akteneinsicht begehrenden Rechtsanwalt weder behauptet noch glaubhaft gemacht", so die OStA. Darüber hinaus sei stets abzuwägen, ob dem rechtlichen Interesse auf eine Akteneinsicht nicht überwiegende öffentliche und private Interessen entgegenstehen. (APA)