Wien - Gut gemeint ist selten dasselbe wie gut - vielleicht gilt dies auch für eine Maßnahme zum Amphibienschutz, die seit Jahrzehnten praktiziert wird: Krötenzäune werden an neuralgischen Punkte errichtet, um die Tiere während ihrer frühjährlichen Laichwanderungen vor den Gefahren des Straßenverkehrs zu schützen. Anstatt über die Straßen zu hoppeln, sollen die Tiere durch die Zäune entweder in Tunnel gelenkt werden, oder sie landen in Kübeln und werden irgendwann von Helfern über die Fahrbahn getragen.

... bestenfalls eine Gewissensberuhigung und teilweise sogar schädlich, glaubt Amphibienforscher Bernhard Seidel und beruft sich dabei auf jahrzehntelange Beobachtungen. "Das Aufstellen solcher Vorrichtungen ist zwar naheliegend, tatsächlich können solche Einfriedungen aber sogar in die Selektion der Tiere eingreifen", so der Wissenschafter. "Solche Auffangbehälter sind schon einmal sehr problematisch", sagt Seidel zur Variante, die Tiere zu sammeln und dann händisch zu transportieren. Ratten, Schlangen oder auch Hunde würden solche Stellen sehr rasch bemerken und unter den gefangenen Amphibien ein Gemetzel anrichten. Ähnliches kann in eigens errichteten Amphibientunneln passieren.

Paarungsverhalten wird beeinflusst

Die Zäune würden den Lebensraum der Tiere zusätzlich zerschneiden und sogar in die Selektion eingreifen. Amphibien haben teilweise sehr diffizile Liebesspiele mit Geräuschen, Wasserschwingungen oder den bekannten Huckepackverkehr der Kröten. Durch die Zäune werde das massiv beeinflusst.

"Außerdem landen in den Auffangbehälter vor allem schwache Tiere, während gesunde und vitale noch über den Zaun hüpfen und möglicherweise überfahren werden", so der Experte. So werde die natürliche Selektion umgekehrt, die Schlechten herausgezüchtet. Letztendlich, so betonte Seidel, gebe es Studien, welche von drastischen Einbrüchen der Populationen im Laufe von wenigen Jahren an den Zäunen berichten.

Um die Amphibien wirklich zu schützen, bedürfe es schon bei der Anlage von Straßen umfassender Planungen, beispielsweise amphibienfreundliche Trassenführung oder Gestaltung der Leitplanken. "Unsere meisten Amphibien sind Landbewohner, sie brauchen einen vernetzten und nicht zerschnittenen Lebensraum", ist der Forscher überzeugt. Nachträglich errichtete Notmaßnahmen seien wenig sinnvoll. (APA/red)