Bild nicht mehr verfügbar.

Punkte, Ruhm und Geld: Für Melzer läuft es in Paris prächtigst.

Foto: Reuters/Duvignau

Paris - 15 Jahre nach Thomas Musters Triumph in Roland Garros und zwölf Jahre nach dessen letztem Viertelfinale in Paris hat der 29-jährige Jürgen Melzer auch die Runde der letzten Acht in Paris erreicht. Kann er eine Leistung wie gegen David Ferrer abrufen, dann wird er gegen den als Nummer 3 gesetzten Novak Djokovic (SRB) am Mittwoch zum gefährlichen Außenseiter.

Die unvermeidliche Muster-Frage

"Spielerisch gesehen sind wir wie Tag und Nacht. Ich habe seinen Stil nie imitiert, weil ich ein ganz anderes Spiel habe", beantwortete Melzer die unvermeidlichen Fragen nach Österreichs einzigen Einzel-Grand-Slam-Sieger. "Aber als Athlet war er ein Idol. Ich meine, wenn man aufwächst und du hast eine Nummer eins der Welt im eigenen Land - wenn das nicht dein Idol ist, dann stimmt etwas nicht mit dir."

Die rot-weiß-rote Tennis-Legende weilt in diesen Tagen sogar in Roland Garros, denn Muster spielt ab Mittwoch das Legenden-Doppel. Ob er sich das Spiel Melzers anschauen wird, hing auch von der Spielansetzung ab.

Djokovic fühlt sich "körperlich gut"

Djokovic hat sich in der Tat nicht als unschlagbarer Gegner gezeigt. Weder hier in Paris, noch in der Sandplatz-Saison zuvor.  Anfang Mai in Zagreb musste er wegen Atemproblemen gegen Filip Krajinovic aufgeben. Probleme mit der Luft hat Djokovic immer wieder einmal gehabt in seiner Karriere. Auch beim Viersatz-Sieg über Robby Ginepri sah man den Serben des Öfteren tief durchatmen. "Nach einer langen Rallye verliert man viel Luft, das ist nichts Ungewöhnliches bei mir. Generell fühle ich mich körperlich gut", gibt Djokovic Entwarnung.

Für Djokovic geht es um sein drittes Halbfinale in Roland Garros nach 2007 und 2008. Mit Korolew (KZK), Nishikori (JPN), Hanescu (ROM-31) und Ginepri (USA) hatte er ein leichteres Los als Melzer, der ja in Runde drei mit seinem tollen Drei-Satz-Sieg über David Ferrer (ESP-9) den Grundstein zum bisher größten Erfolg seiner Karriere gelegt hat.

Verteilte Favoritenrolle

Vor seinem dritten Duell mit Melzer ist Djokovic auf der Hut: "Es ist sein erstes Grand-Slam-Viertelfinale und er wird definitiv nicht schon aufhören wollen. Er hat jetzt überhaupt nichts zu verlieren. Niemand erwartet von ihm, dass er hier das Finale spielen wird." Daher sei Melzer besonders gefährlich. "Wir haben beide gute Chancen auf den Sieg", versuchte er die Favoritenrollen zu verteilen.

Melzer hat jedenfalls das nötige Selbstvertrauen, um hier noch einen Schritt weiter zu gehen. "Es wird ein komplett anderes Match werden. Er bekommt viele Bälle zurück, ist ein großartiger Konterspieler, aber ich habe Selbstvertrauen. Ich habe genug drauf, um da reinzugehen und ihn zu schlagen", meint Melzer.

Top 20 gehen sich aus

Der seit kurzem 29-Jährige  wird in der Weltrangliste nach den French Open so gut wie nie liegen. Laut ATP-Informationen sollten sich die Top 20 schon im Fall einer Niederlage gegen Djokovic knapp ausgehen.

Die frühere Weltranglisten-Siebente und Eurosport-Expertin Barbara Schett sieht für Melzer jedenfalls noch einiges drin. "Jürgen hat sehr gute Chancen gegen ihn. Novak Djokovic hat mich bisher nicht überzeugt, er hat seine Pflicht erfüllt", meinte die Tirolerin. "Gegen jemand, der mit soviel Selbstbewusstsein auf den Platz geht wie Jürgen, hat er es bis jetzt noch nicht zu tun gehabt. Jürgen ist Linkshänder und ist ein komplett anderer Spieler."

Geld in der Nebenrolle

Für Melzer geht es auch um die Verdoppelung seines bisherigen Preisgelds von 140.000 Euro, statt 360 Punkten würde er 720 Zähler gutgeschrieben bekommen. Geld spielt für Melzer nur eine Nebenrolle. "Die Sachen, die ich gerne hätte, hätte ich mir vorher genauso leisten können. Da wird sich nichts ändern."

Die Bedeutung für Österreichs Tennis ist freilich weder mit Punkten noch mit Geld zu bewerten. "Für jedes Land wäre es wichtig, einen Spieler hier bei einem Grand-Slam-Turnier im Viertel- oder vielleicht sogar im Semifinale zu haben. Für Österreich speziell, weil man ja gedacht hat, jetzt kommt lange nichts nach", meinte Melzer-Manager Ronnie Leitgeb. "Man hat, finde ich, den Jürgen in der Vergangenheit schon ein bisschen totgeschwiegen oder totgeschrieben."

Auch Leitgeb erwartet ein offenes Match. "Wenn er so spielt, kann er auch Djokovic schlagen. Ich würde sagen 50:50", beziffert er die Chancen.(APA)