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Jürgen Melzer.

Foto: AP/Lionel Cironneau

Mit Jürgen Melzers Siegen bei den französischen Tennismeisterschaften dürfen einige heimische Tennisvereine auf eine Wiederbelebung ihrer verwaisten Anlagen hoffen. Samstagvormittag im Prater: Genau ein Platz wird bespielt. Die Massenattraktivität des einst noblen "weißen Sports" ist seit geraumer Zeit an einem traurigen Tiefpunkt angelangt.

Das dokumentieren auch die Einschaltquoten. Der ORF übertrug das Achtelfinalspiel Melzers. Mit 89.000 Zuschauern hielt sich das Interesse in überschaubaren Grenzen.

Selbst im unwahrscheinlichen Fall eines zweiten österreichischen Grand-Slam-Sieges wird es nie mehr wie früher, als Helden wie Ivan Lendl, Michael Chang und Pat Cash gegeneinander antraten und sich in stundenlangem Ping-Pong-Spiel ergingen. Ausschnitte von damals muten merkwürdig entschleunigt an. Dennoch: Wenn man einmal die Gelegenheit hat, sie zu sehen, kommt man schwer los. Der Charme der weißen Shorts und Shirts übte auf halbwüchsige Spielerinnen einen eigenen Reiz aus. Damals übertrug der ORF noch alle vier Grand-Slam-Turniere zwei Wochen in voller Länge. Wir schauten Chris Evert-Lloyd, Martina Navrátilová und Jana Novotná - obwohl Petra Huber und Judith Wieser dort selten Erstrundenmatches überlebten.

Franz Krynedl bejubelte John McEnroes Volleys, bewunderte Stefan Edbergs Linienspiel und Mats Wilanders Ausdauer. Ungut wurde es erst, als die Österreicher mitmischten, ein Brachialpatriotismus Moderatoren und Zuschauer rauschhaft ergriff und auf das Team Antonitsch-Muster-Skoff abfärbte. An der plumpen Vereinnahmung "unserer" Spitzensportler hat sich seither nichts geändert. Melzer wird damit schon in Kontakt treten dürfen. (prie/DER STANDARD; Printausgabe, 2./3.6.2010)