"Unser Wahlziel ist, das absolute Vertrauen der Bevölkerung zu erlangen und darauf werden wir uns konzentrieren."

Foto: Standard/Corn

derStandard.at: Die Grünen haben mit Alexander Van der Bellen einen prominenten Kandidaten präsentiert, der einen Vorzugsstimmenwahlkampf führen will. Wird es auch bei der SPÖ Kandidaten geben, die um ein Direktmandat kämpfen werden?

Deutsch: Die Grünen haben einen prominenten Kandidaten, der aber auf keiner Kandidatenliste steht. Sie haben ihre Liste schon vor einigen Monaten beschlossen. Wir starten unseren Wahlkampf erst mit dem 4. September, wo es die Auftaktveranstaltung in der Wiener Stadthalle geben wird. Rund um diesen Termin werden wir unsere Kandidaten für die verschiedenen Zielgruppen präsentieren. Und sie werden dann auch Vorzugsstimmen sammeln.

derStandard.at: Wollen Sie dadurch bestimmte Zielgruppen erreichen?

Deutsch: Wir haben für jede Zielgruppe interessante Kandidatinnen und Kandidaten, die selbstverständlich Vorzugsstimmen sammeln werden. Es gibt viele Erstwähler, die das erste Mal ihre Stimme abgeben können. Wir haben hier ein attraktives Angebot mit vielen Jugendkandidaten. Der Jugendwahlkampf ist für uns sehr wichtig.

derStandard.at: Sie haben in Aussendungen immer wieder davor gewarnt, dass sich ÖVP, FPÖ und Grüne nach der Wahl zusammentun könnten. Warum?

Deutsch: Weil ich das in der täglichen Praxis seit einiger Zeit im Wiener Gemeinderat erleben kann. Es gibt hier eine gemeinsame Kooperation zwischen ÖVP, FPÖ und Grünen. Die FPÖ hat angekündigt, dass die drei gemeinsam für die Zeit nach der Wiener Wahl bereits Überraschungen vorbereitet haben. Eine Aussage, die unter Applaus von ÖVP und Grünen gefallen ist. Es haben sich weder die ÖVP noch die Grünen davon distanziert. Aber besonders entlarvend war der gemeinsame Strache-Vassilakou-Marek-Pakt (Es gab eine Vereinbarung von ÖVP, FPÖ und Grünen über eine gemeinsame Änderung des Wahlrechts nach der Wahl, Anm.). Auf der einen Seite hat man sich geniert, im selben Raum das Dokument zu unterschreiben. Aber letztendlich hat man es dann doch unter notarieller Aufsicht unterzeichnet. Viele Menschen fragen sich: Was wurde sonst noch alles vereinbart? Was steht in diesem Geheimpakt außer der Wahlrechtsreform noch drinnen?

derStandard.at: Sie glauben, da wurde irgendwas Geheimes ausgemacht?

Deutsch: Davon gehen wir aus. Diese drei Parteien haben ein Ziel: einen sozialdemokratischen Bürgermeister nach der Wahl zu verhindern.

derStandard.at: Aber auf der anderen Seite tun die Grünen doch bei jeder Gelegenheit kund, dass sie eine Koalition mit der SPÖ eingehen wollen.

Deutsch: Unser Wahlziel ist, das absolute Vertrauen der Bevölkerung zu erlangen und darauf werden wir uns konzentrieren.

derStandard.at: Fühlen Sie sich durch den Koalitionswunsch der Grünen in eine Ecke gedrängt?

Deutsch: Wir lassen uns in keine Richtung drängen.

derStandard.at: Auch das BZÖ will in den Gemeinderat einziehen - mit dem ehemaligen ORF-Journalisten Sonnleitner als Spitzenkandidat.

Deutsch: Ich habe das den Medien entnommen. Das BZÖ wird jetzt erst einmal Unterschriften sammeln müssen, damit es überhaupt antreten kann.

derStandard.at: Sowohl FPÖ als auch ÖVP stürzen sich auf das Thema Sicherheit. Wie stehen Sie zur Forderung nach einer Stadtwache?

Deutsch: Das ist eine Alibi-Initiative. Es wird immer das Linzer Beispiel angeführt, dort ist die Stadtwache aber bereits gescheitert, bevor sie überhaupt starten konnte. Es hat eine rechtliche Prüfung gegeben, dass eine bewaffnete Stadtwache mit dem Bundesverfassungsgesetz unvereinbar ist. Eine so genannte Stadtwache kann nichts anderes tun, als jeder andere Staatsbürger auch, nämlich Dinge beobachten und dann die Polizei rufen. Internationale Beispiele wie etwa die bayrische Sicherheitswache zeigen, dass es zu keiner Entlastung der Polizei gekommen ist. Im Gegenteil: Die Polizei wurde zusätzlich mit der Koordination dieser Sicherheitswache belastet. Aus diesem Grund lehnen wir das ab.

Die Stadtwache kann nichts bieten, der Bevölkerung wird Sicherheit nur vorgegaukelt. Kriminalitätsbekämpfung ist die Aufgabe der Bundespolizei. Unsere Forderung bleibt aufrecht, dass Wien jene 1300 Polizisten wieder erhalten muss, die in den letzten Jahren beginnend unter Schwarz-Blau, in weiterer Folge von Innenministerin Fekter eingespart wurden.

derStandard.at: Christine Marek hat gemeint, dass die uniformierte Stadtwache das Sicherheitsgefühl in der Stadt erhöht. Wie wollen Sie das erreichen?

Deutsch: Durch mehr Polizei auf den Straßen, in den Bezirken, in den Grätzeln. Das Problem ist allerdings Maria Fekter. Sie wird ihrem Ruf als Unsicherheitsministerin mehr als gerecht.

derStandard.at: Sie kritisieren, dass Marek ein Sprachrohr von Fekter sei.

Deutsch: Ja. Statt den Wienerinnen und Wienern zu helfen, macht sie sich der Beihilfe schuldig, den ÖVP Sicherheitsskandal auf Bundesebene noch zu vertuschen.

derStandard.at: Die Innenministerin wird derzeit heftig kritisiert, weil die Familie Zogaj aus Österreich ausreisen muss. Gehen Sie zur Demo?

Deutsch: Nein, ich habe bereits Termine übernommen.

derStandard.at: Die Grünen haben in einer Gemeinderatssitzung kürzlich einen Antrag eingebracht, wonach die Bundesregierung der Familie Zogaj das Bleiberecht aussprechen soll. Warum haben Sie nicht zugestimmt?

Deutsch: Wir haben einen eigenen Antrag eingebracht, der wesentlich umfassender auf die Problematik eingeht. Die Grünen haben diesem Antrag übrigens ebenfalls zusgestimmt.

derStandard.at: Kann es in der Causa Zogaj noch zu einem Happy End kommen?

Deutsch: Ich bin kein Prophet. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 1.7.2010)