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Ein Logo der SPÖ an der Fassade Goethehofs in Wien-Kaisermühlen.

Foto: APA/Gindl

Nah am Wasser gebaut: Die Wiener Uno City, eines der Zentren der Vereinten Nationen.

Foto: Heribert Corn

Überragend: Voraussichtlich ab Ende 2012 wird sich der Hotel- und Büro-Wolkenkratzer in den Himmel schrauben. Der Spatenstich für den kleineren Turm erfolgt erst in einigen Jahren. (Bild: beyer.co.at)

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Die rote Vormacht war 2005 noch ungebrochen. Quelle: wien.gv.at

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Beim Bezirksparlament sah es nicht viel anders aus. Quelle: wien.gv.at

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Zweistromland: Die Wiener Donauinsel aus dem Flugzeug fotografiert.

Foto: Robert Newald

Auf der Donauinsel lässt es sich dem Alltag entfliehen - und der Hitze.

Foto: Christian Fischer

Wien - Früher wurde uns in der Donaustadt die große Politik erklärt. Innig verbunden, gemütlich und erfolglos stolperten die Bezirksräte Rudi Gneisser (SPÖ) und Erwin Schoitl (ÖVP) durch den "Kaisermühlen Blues". Sie hielten der damals noch in Stein gemeißelten Großen Koaltion den Spiegel vor.

Fernseh-Grätzel Kaisermühlen

Die Serie machte Kaisermühlen zum bekanntesten Grätzel des 22. Wiener Gemeindebezirkes Donaustadt. Bis zu 1,5 Millionen Österreicher sahen in den 90er Jahren jeden Sonntag zu. Nicht nur die ORF-Quoten scheinen heute aus der Zeit gefallen. Seit Wolfgang Schüssels schwarz-blau-orangen Jahren hat sich vieles verändert - nicht nur, aber auch in Donaustadt.

"Die Bewohner verbindet nichts mehr, weder Parteiprogramme noch Fernsehprogramme", schrieb der Kultursoziologe Ernst Strouhal jüngst im STANDARD-Album über den Goethehof, einen geschichtsträchtigen Gemeindebau in Kaisermühlen. Wie überall in Wien bröckeln die Gemeindebauten in ihrer Eigenschaft als rote Bastionen.

SPÖ muss 58 Prozent verteidigen

Die Entwicklung lässt sich an Wahlergebnissen nicht unbedingt ablesen. Bei der Wiener Gemeinderatswahl 2005 lag die SPÖ im 22. Bezirk immer noch mit satten 57,8 Prozent vor der FPÖ mit 16,4. Dahinter folgten ÖVP (13,1 Prozent) und Grüne (9,9 Prozent).

Bezirksvorsteher ist seit 2006 der Sozialdemokrat Norbert Scheed. Auch der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) ist in der Donaustadt politisch beheimatet. Bei der Nationalratswahl 2008 fuhren die blauen Rechtsaußen in der Donaustadt 25,6 Prozent ein - fast soviel wie in den 90er Jahren, als es noch Jörg Haider und den "Kaisermühlen Blues" gab.

Größter Bezirk, jüngste Geschichte

Neben Floridsdorf ist Donaustadt der einzige Bezirk jenseits der Donau, zugleich der flächenmäßig größte von allen 23 - und besteht freilich nicht nur aus dem transdanubischen Grätzel Kaisermühlen. Da gibt es auch noch zum Beispiel Kagran und Stadlau. Oder die Lobau, bekannt für ihre Augebiete und ihre Nudisten - zwischen den verzweigten Donauarmen etablierte sich ein Erholungsgebiet, das bis heute gerne von Anhängern der Freikörperkultur frequentiert wird.

Die Entwicklung der Donaustadt verdankt sich freilich maßgeblich der Donauregulierung von 1870 bis 1875. Erst die schützte das Gebiet vor Hochwassern, machte das weite Land als Baugrund hochinteressant und rückte es in den Fokus der Stadtplaner. Das Erscheinungsbild des jungen Bezirks mit 150.000 Einwohnern hat mit der Gründerzeitarchitektur der Innenstadtbezirke nichts gemein.

Neue Stadtviertel und Wolkenkratzer

In den Medien macht die Donaustadt heute mit riesigen Bauvorhaben von sich reden. So ist etwa das ehemalige Flugfeld Aspern eines der größten Stadtentwicklungsgebiete in Europa. Ein urbaner Stadtteil mit Wohnraum für 20.000 Menschen und ebenso vielen Arbeitsplätzen - und mit einem Park und einem See - soll hier entstehen. In den nächsten 20 Jahren wird die "Seestadt" auf den 240 Hektar des abgerissenen Flugfeldes gebaut und entwickelt.

Schon wesentlich früher wird im jungen Stadtteil Donau City Österreichs höchster Wolkenkratzer errichtet. Erst vor zwei Wochen erfolgte der Spatenstich für den "DC Tower", der 2012 fertig sein soll und mit seinen 220 Meter den Millennium Tower in Wien-Brigittenau um 50 Meter übertreffen wird.

Die Wiener und die Donauinsel

Die bisherigen Errungenschaften der Donaustädter Bauwut sind über die Wiener Grenzen hinaus bekannt: etwa die Uno City oder der 252 Meter hohe Donauturm (von dem natürlich nur ausgesprochene Zyniker behaupten, er sei der schönste Ort Wiens, weil man von seinem Dach aus ganz Wien überblickt, nur nicht den Donauturm sehen muss).

Unbestritten ein stadtplanerischer Wurf gelang der Wiener SPÖ mit der Donauinsel, deren südlicher Teil zur Donaustadt gehört. Als während der 1970er Jahre die zweite Donauregulierung in Angriff genommen wurde, entstand ein mehr als 200 Meter breites Entlastungsgerinne, das den Namen "Neue Donau" bekam. Der 21 Kilometer lange Landstreifen zwischen den beiden Strömen verband das Nützliche - Hochwasserschutz - mit dem Angenehmen: die Donauinsel, der Wiener liebstes Naherholungsgebiet.

Gastronomie, Bootsverleihe und viel Grün warten hier auf den geplagten Stadtmenschen. Dass das noch heute viel mit Politik zu tun hat, verrät der nachstehende Link. (Lukas Kapeller, derStandard.at, 1.7.2010)