Ein israelisch-türkisches "Geheimtreffen" zwischen Israels Industrieminister Benjamin Ben-Elieser und dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglo am Mittwoch in einem Brüsseler Hotelzimmer war zwar nicht so geheim, dass es nicht schon am selben Abend von einem israelischen TV-Sender gemeldet worden wäre. Aber es war doch geheim genug, um Außenminister Avigdor Lieberman zunächst verborgen geblieben zu sein.

In einer geharnischten Aussendung beklagte sich dieser prompt über den "schlimmen Schaden für das Vertrauen zwischen dem Außenminister und dem Premierminister" und verlangte Aufklärung. Spekulationen über eine innenpolitische Krise bereitete Lieberman am Donnerstag jedoch ein rasches Ende: "Es gibt keinen Gedanken an Rücktritt - ich werde niemandem dieses Vergnügen machen." Am Donnerstag bombardierte Israels Luftwaffe indessen wieder Ziele im Gazastreifen.

Laut türkischen Medien hatte US-Präsident Barack Obama, dem die Turbulenzen zwischen den beiden Verbündeten der USA nicht ins Konzept passen, die Türkei zu dem Treffen genötigt. Das Verhältnis zwischen Ankara und Jerusalem war in den letzten Jahren immer unbehaglicher geworden, da die Türkei wiederholt Kritik an Israel äußerte.

Ein neuer Tiefpunkt wurde nach dem Vorfall um die "Gaza-Flotte" vor einem Monat erreicht. Die Türkei zog ihren Botschafter ab und fordert von Israel eine Entschuldigung. Ob das "Geheimtreffen" eine Annäherung bewirkt hat, war zunächst nicht bekannt. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 2.7.2010)