Im griechischen Tourismus will man neue Türen öffnen: Georgios Nikitiadis, Vizeminister für Tourismus, sagt bei seinem Wien-Besuch: "Uns hat bisher gereicht, dass die Sonne scheint, das Land schön und das Meer blau ist." So gehe es aber nicht weiter: Während andere Tourismus-Märkte wachsen, tritt Hellas auf der Stelle.

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Wien -  Lange Zeit war Griechenland das Sehnsuchtsland für den geplagten Mitteleuropäer schlechthin. Sonne, Strand, blaues Meer und weiße Häuser, eine ruhige Kugel schieben und das Leben genießen. Wenn schon nicht gleich irgendwann mal dort bleiben, dann wenigstens den Urlaub auf einer der unzähligen Inseln verbringen.

Der Tourismus ist eine der Hauptsäulen der griechischen Wirtschaft und macht immerhin 20 Prozent der Bruttoinlandsproduktes aus. Schon seit längerem schlägt sich Hellas aber mit diversen Problemen im Fremdenverkehr herum. Die zum Beispiel türkische Konkurrenz macht den Griechen zu schaffen. Die derzeitigen Totalausfälle von Fähre, Flugzeug oder Autobus wegen Streiks oder der isländische Aschewolke helfen auch nicht gerade.

Der griechische Vizeminister für Tourismus, Georgios Nikitiadis, versucht bei einem Besuch in Wien anlässlich der Präsentation des neuen Internetauftritts der Fremdenverkehrs-Organisation, das Bild des Landes zurechtzurücken. "Wir glauben, dass das, was in den internationalen Medien derzeit zu lesen ist, sicherlich die Wahrheit ist. Aber eben auch nur ein kleiner Teil des ganzen Bildes", so Nikitiadis.

Aus Glas soll Beton werden

Wahr sei, dass der griechische Tourismus "auf gläsernen Beinen" stehe - und genau das wolle man ändern, sagt der Minister: "Wir werden die Philosophie des griechischen Fremdenverkehrs völlig umkrempeln." Früher habe es ausgereicht, dass die Sonne viel scheint, das Meer schön blau und die Landschaft ansehnlich sei. Mit so einer Strategie komme man mittlerweile aber nicht mehr weit, sagt Nikitiadis und gibt zu: "Es gibt Bereiche, um die haben wir uns nie gekümmert." Nun will Hellas also seine Angebote auf das ganze Jahr ausdehnen, auch die weniger bekannten Landesteile bewerben und schließlich auch auf den Zug des Alternativ-Tourismus aufspringen.

Nikitiadis gibt trotz allem zu bedenken, so schlecht sei es um den griechischen Tourismus gar nicht bestellt: "Ich sage nicht, dass alles gut ist. Aber so schlecht, wie mancherorts beschrieben, ist die Situation nicht." Für das Gesamtjahr hoffe man auf ungefähr gleichbleibende Gästezahlen wie im Vorjahr. An den 19 wichtigsten Flughäfen habe es im Mai im Vergleich zum Vorjahr einen Passagierrückgang von 2,75 Prozent gegeben, so der Vizeminister. Bei den Einnahmen habe man sich jedoch schon auf Einbußen eingestellt.

Die griechischen Proteste und das damit einhergehende Brachliegen des öffentlichen Verkehrs oder der Flughäfen halte die Touristen jedenfalls wenig von ihren Urlaubsplänen an der Ägäis ab, glaubt Nikitiadis. Griechenland sei das erste Land in der EU gewesen, das die Auswirkungen der Schuldenkrise direkt zu spüren und zu tragen bekommen habe. Harte Sparmaßnahmen seien die Folge, aber eben auch Streiks und Proteste. "Andere Länder stehen leider vor den selben Problemen, Länder, die ebenfalls stark im Tourismus verankert sind", meint Nikitiadis mit Blick auf. Streiks seien die Ausnahme, sagt der griechische Politiker, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass Streiks auch ein Bürgerrecht seien.

Entschädigungszahlungen für Gestrandete

Um die Touristen, die wegen Demonstrationen - wie diese Woche wieder gesehen - am Hafen oder an den Stränden feststecken, will sich das Land in Zukunft selber kümmern (wir haben berichtet). Noch in den nächsten "drei bis fünf" Tagen soll ein Gesetz im Athener Parlament verabschiedet werden, das eben jenen Gestrandeten Kompensationszahlungen zuspricht. "Damit sind wir sicher das erste Land, dass Touristen bis zum dritten Tag Geld für Essen und Unterkunft geben wird, wenn diese wegen Streiks oder Vulkanen nicht ausreisen können", gibt Nikitiadis zu bedenken.

Wie groß der Refundierungs-Topf sein werde, kann Nikitiadis noch nicht sagen. Es werde einen bestimmten Betrag pro Person und Tag geben, die Höhe des Betrages sei aber noch nicht fixiert. Auch Flugkosten wolle man übernehmen, sollten die Airlines nicht selber dafür geradestehen. In Zeiten des großen Sparens sicherlich eine Herkulesaufgabe.

Dem immer wieder durch die Medien spukenden Vorschlag, doch die griechischen Inseln zur Budgetkonsolidierung zu verkaufen, erteilt Georgios Nikitiadis eine klare Absage: "Wir verkaufen gar nichts. Basta." (Daniela Rom, derStandard.at, 1.7.2010)