So unverblümt wie William Hague hat schon lange kein höchstrangiger Politiker mehr zum Ausdruck gebracht, wie wenig er von der EU hält. Diese solle nicht mehr als ein flexibles Netzwerk sein. Die EU sei als eher lockeres Gebilde in Brüssel nur dazu da, dass einzelne Staaten ihre Interessen durchsetzen können.

Von gemeinsamen Interessen redete der britische Außenminister nicht. Auch inhaltliche Zielsetzungen vermied er. Was Hague unter seiner neuen EU-Politik versteht, legte er gleich nach: Personalpolitik. Die Regierung ihrer Majestät will (noch) mehr Spitzenposten in EU-Positionen. Sie sieht sich benachteiligt - was ein Witz ist, weil die Briten sich von jeher durch besonders brutales wie geschicktes Job-Lobbying auszeichnen.

Im Kern geht es den neuen alten Weltreich-Briten vermutlich um etwas anderes. Sie wollen ihren Einfluss in der Welt vergrößern. Der wichtigste Partner bleiben die USA, danach Frankreich, China, Indien und Deutschland. Gemeinschaftsrecht oder gemeinsame Politik scheinen für Hague Fremdworte zu sein. Daran ließ er keinen Zweifel.

Das ist auch das Gute daran: die Klarheit. Man weiß, woran man ist. Die großen EU-Länder wollen wieder mehr unter sich sein, an der Union vorbei intergouvernementale Politik machen. Das sollte die kleinen Länder, die von Integration profitieren, eigentlich auf die Barrikaden treiben. Seltsamerweise sind sie aber in Angststarre verfallen. (Thomas Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 2.7.2010)