Wenn Christian Wulff am Freitag als zehnter deutscher Bundespräsident vereidigt wird, dann werden viele noch einmal denken: Er ist nicht der Richtige. Die meisten Deutschen hätten lieber den DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck an der Staatsspitze gesehen. Doch dieses Sommermärchen fand nicht statt.

Gauck mag es ein Trost sein: Er ist der Einzige, der bei der Wahl gewonnen hat, obwohl er im dritten Wahlgang der Verlierer war. Wulff tritt sein Amt mit schwerer Hypothek an, Schwarz-Gelb ist blamiert bis auf die Knochen.

Auch SPD und Grüne sind keine Sieger. Sie konnten zwar mit Gauck glänzen, zugleich aber zeigte sich: Sie waren zu schwach, um ihn wirklich ins Schloss Bellevue zu hieven, dazu hätten sie die Linkspartei gebraucht. Doch der Versuch einer Zusammenarbeit mit den Linken ging gründlich daneben, was an beiden Seiten lag.

20 Jahre nach dem Ende der DDR sind die Linken immer noch nicht bereit, einen Kandidaten zu akzeptieren, der sich einst gegen das DDR-Regime stellte und Stasi-Spitzel jagte. Fehler haben aber auch SPD und Grüne gemacht: Sie setzten die Linke im letzten Moment derart unter Druck, dass diese zu Gauck fast Nein sagen musste.

So ist diese Wahl nicht nur für Kanzlerin Angela Merkel eine schmerzhafte Zäsur, sondern auch für jene bei SPD und Grünen, die auf ein "linkes Projekt" hoffen. Nach der Bundespräsidentenwahl ist dieses in weite Ferne gerückt. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 2.7.2010)