Grafik: STANDARD

Der Juni hat eine deutliche Entspannung auf dem Arbeitsmarkt gebracht. Trotzdem ist keine Entwarnung angesagt: Im Herbst, spätestens nächstes Jahr, kann sich das Blatt wieder wenden, meinen Experten.

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Wien - Die überraschende Entspannung auf dem Arbeitsmarkt erklärt Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SP) damit, dass die Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete gegriffen haben. Denn besonders stark fiel der Rückgang bei den Männern aus, wo sich die Arbeitslosigkeit gleich um 11,6 Prozent (114.744 Personen) verringerte. Auch Jugendliche profitierten vom Aufschwung am Arbeitsmarkt überdurchschnittlich, zeigen die Juni-Arbeitsmarktdaten.

Doch ist die Krise am Arbeitsmarkt noch nicht vorbei. Hundstorfer meint, dass es zu früh ist, von effektiver Entspannung zu sprechen. "Es ist dies eine Zwischenetappe, die uns veranlassen muss, so weiterzumachen."

Als Warnsignal ist zu werten, dass der kräftige Anstieg in der Industrie auf Zeitarbeit beruht. Dies zeigt, dass die Unternehmen noch immer vorsichtig agieren und dabei zaudern, ihre Stammbelegschaft zu erhöhen.

"Gutes Zeichen", keine Entwarnung

Auch für Arbeiterkammer-Präsident Präsident Herbert Tumpel ist die aktuelle Entwicklung "ein gutes Zeichen, aber noch lange kein Grund zur Entwarnung." Der Anstieg der Beschäftigungszahlen habe den entscheidenden Pferdefuß, dass er im Dienstleistungsbereich vor allem auf Teilzeitarbeit gründe.

Ob die Entspannung auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig sei, wird sich erst im Herbst weisen. Dann nämlich, wenn die Budgetsparprogramme auf dem Tisch liegen, warnte AKNÖ-Präsident Hermann Haneder in einer Aussendung. Niederösterreich liegt aber auch beim Rückgang der Arbeitslosigkeit mit 4,4 Prozent an vorletzter Stelle. Oberösterreich etwa verbesserte sich um 9,4 Prozent.

Der Chef des Arbeitsmarktservice AMS, Herbert Buchinger, rechnet für das kommende Jahr wieder mit steigenden Arbeitslosenzahlen. Dies sei vor allem auf ein zu erwartendes größeres Arbeitskräfteangebot zurückzuführen. Denn beim Anspringen der Wirtschaft drängen wieder mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt. Dazu kommen rund 20.000 zusätzliche Arbeitskräfte durch die Ostöffnung ab Mai 2011.

Mehr Beschäftigte

Aufgrund der weiter bestehenden Unsicherheiten werde man deshalb deutlich weniger als die ursprünglich genannten 100 Mio. Euro bei den AMS-Kursen einsparen, sagte Hundstorfer. Das Angebot werde nicht gekürzt. Buchinger betonte, dass das AMS-Budget auch 2011 deutlich über dem Budget für 2008 liegen werde. 2009 und 2010 habe man wegen der Krise Extraprogramme gestartet. "Und diese laufen halt aus." Beendet werden zum Beispiel das Metaller-Ausbildungsprogramm und regionale Qualifizierungsprogramme.

Im Juni ging die Zahl der Arbeitslosen inklusive Schulungen im Jahresvergleich erstmals seit der Krise zurück, und zwar um 2,5 Prozent auf 284.610 Arbeitslose. Gleichzeitig stieg die Beschäftigung um 32.000 auf 3,310.000 Millionen (plus 1 Prozent) an. Für das Gesamtjahr 2010 erwartet AMS-Chef Buchinger entgegen früherer Prognosen im Jahresdurchschnitt deshalb sogar einen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Ursprünglich ist man von einem Anstieg von rund 20.000 Jobsuchenden ausgegangen.

Joblage in anderen Ländern

Auch in Deutschland mehren sich "ermutigende Signale" auf dem Arbeitsmarkt, so der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Schon in diesem Jahr werde die Zahl der Arbeitslosen wohl unter die Marke von drei Millionen fallen, sagte er.

Gemischte Arbeitsmarktsignale kamen auch aus den USA. Die US-Privatwirtschaft schuf im Juni weniger neue Stellen als erhofft; die Zahl der Ansuchen um Arbeitslosenversicherung in den USA stieg im Juni deshalb wesentlich stärker an als angenommen. (APA, ruz, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.7.2010)