Die Partei des kleinen Mannes und ihr langjähriger Chef Jörg Haider waren längst nicht so arm und verfolgt, wie sie sich immer dargestellt haben. Sie waren, wie sich jetzt im Zuge einer langsam ernst werdenden Verfolgung zeigt, sogar ziemlich reich.

Und sie hatten sich mit System bereichert. Das System Haider war letztlich eines, das auf Bereicherung aufgebaut hat. Wobei der persönliche Luxus, mit dem Haider sich umgeben hat, nicht so sehr ins Gewicht gefallen ist. Klar: Haider verfügte neben seinem Landsitz im Kärntner Bärental über standesgemäßen Wohnraum in Wien - und er jammerte stets, dass es ein Sicherheitsrisiko wäre, darüber zu berichten. (Die geldwerte Zuwendung der Wohnmöglichkeiten in bester City-Lage wurde daraufhin kaum noch thematisiert.) Haider fuhr gern schnelle Autos - neben dem privaten Porsche auch Dienstwagen, die die Partei bereitstellte. Und er flog in Hubschraubern und Privatjets, die ihm gute Freunde aus der Wirtschaft zur Verfügung gestellt haben.

Das alles wurde ihm geneidet, das wurde ihm in der politischen Auseinandersetzung auch ab und zu vorgeworfen. Geschadet hat ihm der Vorwurf nicht.

Und er ist auch am Kern der Sache vorbeigegangen. Denn worum man Haider wirklich beneiden konnte, war die finanzielle Freiheit, Politik nach seinem Geschmack zu machen. Oft galt die jeweilige persönliche Laune des Parteichefs als Programm - wer da im Weg gestanden ist, wurde abserviert. Und in vielen Fällen abgefertigt, "damit eben eine Ruhe ist".

Haiders blaue Kassen ermöglichten auch, sich von der Partei unabhängig zu machen. Ein ausgeklügeltes System von kreativer Umlenkung von Spenden, Druckkostenbeiträgen und Mieteinnahmen ermöglichte es Haider und seinem engsten Umfeld, die Finanzen der verbliebenen demokratischen Kontrolle innerhalb der Partei zu entziehen. Die Partei als solche war tatsächlich nicht sehr reich - sie brauchte zwar nie einen großen Apparat zu unterhalten, dafür wurden die Wahlkämpfe in den Haider-Jahren immer teurer - es ist denkbar, dass Haiders eigene Polit-Kasse durch entsprechende Abrechnungen gerade dadurch noch weiter aufgefüllt worden ist.

Jedenfalls hatte Haider sich mit entsprechender ökonomischer Unabhängigkeit die politische Freiheit geschaffen, nach Belieben die Partei umzubauen - in den Neunzigerjahren von der FPÖ zur F-Bewegung und wieder zurück - und sie nach erwiesener Unfähigkeit auf der Regierungsbank im Jahr 2005 ganz abzustoßen und einen Neustart mit dem BZÖ zu machen.

All das konnte man bisher vermuten, jetzt dürften die Belege dafür ans Licht kommen. Noch ist nicht erwiesen, dass da irgendetwas im rechtlichen Sinne Verwerfliches passiert ist, Haider und seine Förderer waren, soweit man weiß, recht schlau in der Wahl der Konstruktion der jeweiligen Politik-Finanzierung.

Und noch schlauer waren sie darin, die wahren Motive zu verschleiern. Welchen Sinn machte es für diesen oder jenen Großindustriellen, die Partei des Ausländervolksbegehrens zu stärken und die Wirtschaftspartei ÖVP zu schwächen? Welches Interesse war dahinter, im Jahr 2000 die SPÖ aus der Regierung zu jagen? Und: War es das alles wert? Offenbar ja. Haiders Politik war bis zum Schluss gut finanziert. Wofür wohl nun die verbliebenen Millionen genutzt werden? (Conrad Seidl/DER STANDARD-Printausgabe, 2.8.2010)