Es wäre ja auch zu schön gewesen. Nach der Einführung des Haftentlastungspaketes sah es eine Zeit lang tatsächlich so aus, als würden mittels "Schwitzen-statt-Sitzen"-Projekten viele Gefängniszellen dauerhaft leer bleiben. Nun, zweieinhalb Jahre später, zeigt sich allerdings, dass die Zunahme der bedingt Entlassenen nicht zwangsläufig auch halbvolle Häfen bedeutet. Seit der Lockerung des Vollzuges ist die Zahl der Häftlinge in Österreich heuer erstmals wieder massiv angestiegen.

Was schlichtweg am Nachschub liegt: Jedem bedingt Entlassenen folgt umgehend ein frisch Eingebuchteter. Ein Umstand, den Gegner des sanften Vollzugs dankbar in ihr Argumentations-Repertoire aufnehmen werden. Eine frühere Entlassung mindere eben den Abschreckungseffekt, hieß es schon bei der Einführung des Haftentlastungspakets von der Wegsperr-Fraktion. Allerdings vergisst sie dabei ein wichtiges Detail: Je länger jemand hinter Gittern hockt, umso schwieriger wird die Reintegration. Allein deshalb muss es Projekte geben, mittels derer Häftlinge sich mit der Welt da draußen beschäftigen müssen.

Um die dauerhafte Entlastung der Gefängnisse entscheidend voranzutreiben, braucht es den Mut und die nötigen finanziellen Ressourcen zum Strafvollzug abseits der Zelle - etwa indem man vermehrt U-Häftlingen Fußfesseln verpasst. Schließlich machen die, laut aktueller Statistik, ein Viertel aller Gefängnisinsassen aus. (Martina Stemmer, DER STANDARD - Printausgabe, 2. August 2010)