Alexander Schiel ersteigert Treffen mit Prominenten.

Foto: Thomas Rottenberg

Der Mann hatte schon am Bahnsteig den Ich-kenne-dich-doch-aber-ich-weiß-nicht-woher-Blick aufgesetzt. Und nach wenigen Minuten kam es dann auch. Ob ich nicht "dieser Reporter" sei, eröffnete er nach den allgemein anerkannten Z-Promi-Anlaberspielregeln die Partie: So muss man nicht zugeben keine Ahnung zu haben, wen genau man gerade anspricht. Denn ein einfaches "Ja" als Antwort wäre so unhöflich und arrogant wie unpräzise – und wenn man sich dann brav vorgestellt hat, hat auch das Gegenüber die Chance, den eigenen Namen auf Augen- statt auf Groupiehöhe einzubringen.

Der Mann am Bahnsteig kannte die Spielregeln gut: "Alexander Schiel, ich war früher beim BZÖ." Bevor ich zurückzucken konnte, setzte er nach: "Aber jetzt betreibe ich zwei Sozialmärkte." Es klingelte. Die Zeiten, als ich mich mit FP- und BZÖ-Leuten auf Contentebene herumschlagen durfte, sind vorbei und verdrängt. Aber: War da nicht einmal ein Sozialmarkt-Typ bei Dominic Heinzl aufgetaucht, weil er den Chili-Popper karitativ ersteigert hatte?

Lobbying und Klagenfurt

Mein Gegenüber grinste breit: Ja, das sei er gewesen. Er habe einen Platz als Sozius auf Heinzls Harley ersteigert. Dann habe er Heinzl vor laufender Kamera überredet, in den Sozialmarkt zu kommen. Das, erklärte Schiel, sei einer guter Schachzug gewesen:"„Der Heinzl kommt öfters einfach so. Und was wichtiger ist: Er vermittelt mir immer wieder Sponsoren und Ware für den Sozialmarkt. Ohne Kamera und große Töne." Bevor meine Angst, in die PR-Aktion "Gerechtigkeit für Dominic" gerutscht zu sein, laut "Obacht" rufen konnte, Schiel aber schon weiter und saß mir im Zug gegenüber: So wie ich fuhr auch er nach Klagenfurt. Beachvolleyball. Meine Ausrede: mein Kurzzeit-Aushilfsjob als Sandkistenplaneur (siehe "Die Sandflöhe von Klagenfurt"). Seine war handfest: "Ich habe Henry Maske ersteigert."

Die Zugsfahrt nach Klagenfurt nutzte der einstige orange Club-Mitarbeiter („Ich hab mit denen nix mehr zu tun – und ich hab mich auch sonst keiner Partei mehr angeschlossen: Mein Sozialmarkt ist nur insofern politisch, als mir Politiker und Minister aller Couleurs vor Journalisten immer wieder sagen, sie würden vorbeischauen, sich aber dann nie blicken lassen.") dann, um mich in die wundersame Welt des Promi-Steigerns einzuweihen. Leider ohne Summen zu nennen: „In Österreich ist Neid das Einzige, was man von allen und sofort bekommt."

Von Melzer bis Loona

Denn der Boxer und der Bezahlfunk-Wonderboy sind bei weitem nicht die einzigen Prominenten, deren Nähe Schiel im Web gekauft hat: Er war mit dem österreichischen Daviscupteam in Brasilien und hat dort mit den Herren Melzer und Koubek gepokert. Mit Jeannine Schiller und Mausi Lugner flog er ("ich habe zehn Tickets ersteigert") mit der AUA und Harry Reithofer nach Mailand shoppen. "Spaßig. Obwohl ich nicht verstehe, wieso die Schiller es nicht über die Lippen brachte, sich bei der Airline zu bedanken."

Den Sänger Mika traf er ebenso, wie Hermann Maier. Mit dem trainierte er einen Tag, um dann am Berlinmarathon Teil zu nehmen. "Ich hätte nie geglaubt, dass ich durchkomme: ich bin kein Läufer." Beim Snowmobile-Fahren in Saalbach wurde er durchgebeutelt, aber „das war nix, im Vergleich zum Martin Rettl." Martin Wer? "Martin Rettl war 2001 Skeleton-Weltmeister. 2002 hat er eine olympische Silbermedaille gewonnen – aber dass du den nicht kennst ist symptomatisch: Der musste die Silbermünzen verkaufen, die er als Olympia-Erinnerung bekommen hat, um weiter trainieren zu können."
Und auch für August, erklärte Schiel, habe er schon Pläne: "Wir treffen Loona, die Sängerin von Bailando. Bei ihr zu Hause auf Mallorca. Sie kocht für uns – und vielleicht gehen wir mit ihr ins Oberbayern."

Nette Promis

Mir war bei der Aufzählung ein wenig flau im Magen geworden: „Soviel, wie ich erlangen würde, um mich mit einigen dieser Leute in meiner Freizeit zu treffen, würde bei keiner Auktion je zusammenkommen", warf ich ein. Doch Schiel lächelte nachsichtig:"„Darum geht es doch gar nicht. Außerdem sind die meisten echt nett, wenn man sie aus dem Promi-Kontext und ohne ihre Rollen trifft." – "Trotzdem", gab ich mich bockig. Doch Schiel hatte noch ein Argument: "Bei all diesen Auktionen geht es um irgendwelche Charitysachen." – "Welche?" – "Ganz ehrlich? Keine Ahnung. Aber ich verlass mich drauf, dass das Geld tatsächlich einen guten Zweck erfüllt."

Nach einer kleinen Pause kam dann aber ein Nachsatz: "Außerdem sind wirklich günstige Kurzurlaube." – "???" – "Zum Beispiel der Maske in Klagenfurt: Ich ersteigere da VIP-Tickets, habe ein Treffen mit einem Superstar, kriege wahrscheinlich Handschuhe oder sonst was Signiertes und tue auch noch was Gutes – und auch wenn ich dir den Maske-Preis nicht sage: Das ist billiger, als wenn ich mir nur die ViP-Tickets kaufen würde. Und das, obwohl wir uns das Hotel und die Fahrt natürlich selbst zahlen."

Das, setzte Schiel fort, gelte auch für die anderen Auktions-Treffen: "Allein der Flug nach Brasilien hätte mehr gekostet, als das ersteigerte Daviscup-Package. Und da war alles dabei." Manchmal, könne man beim Promi-Shoppen auch echte Schnäppchen machen: "Neulich habe ich einen Teppich ersteigert, den Ali Rahimi spendiert hat. Der hätte im Geschäft um die 10.000 Euro gekostet. Aber weil das nirgendwo kommuniziert wurde, war ich vermutlich der einzige, der gesteigert hat. Die Endsumme war geradezu beschämend niedrig. Da habe ich schon noch was draufgelegt." (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 2. August 2010)