Istanbul - Die türkische Armee soll über Jahre rund 2000 Kritiker im Land illegal abgehört haben. Nach dem Generalstab in Ankara ordnete jetzt auch Telekommunikationsminister Binali Yildirim eine Untersuchung der Vorwürfe an, wie türkische Zeitungen am Mittwoch berichteten. Die internen Nachforschungen der Militärs allein seien nicht ausreichend, um die Öffentlichkeit zu beruhigen, sagte Yildirim.

Die für ihre militärkritische Berichterstattung bekannte Tageszeitung "Taraf" hatte gemeldet, die Geheimdienstabteilung des Generalstabs in Ankara habe seit 2007 viele prominente Kritiker abgehört, obwohl es keine rechtliche Grundlage für eine solche Überwachung gebe. Für die Abhöraktion wurden demnach Geräte eingesetzt, die offiziell für die Überwachung von Telefongesprächen von Mitgliedern der kurdischen PKK-Rebellen gekauft wurden. Zu den Telefonen, die angezapft wurden, gehörten laut "Taraf" viele Akademiker und Journalisten, die für ihre kritische Haltung zur politischen Rolle der türkischen Armee bekannt sind.

Niederlagen

Wegen einer Reihe von Skandalen um mutmaßliche Putschpläne ist das Ansehen der türkischen Militärs in der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren erheblich gesunken. Kürzlich mussten die Generäle in einem Streit mit der Regierung um Beförderungen von Offizieren eine neue Niederlage einstecken. Bei einer Volksabstimmung am 12. September entscheiden die Türken über ein Paket von Verfassungsänderungen, zu dem unter anderem Regelungen für eine weitere Einschränkung der politischen Macht der Militärs gehören. (APA)