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Sport ist nicht immer gesund, besonders wenn er extrem ausgeübt wird

Foto: AP/Manu Fernandez

Graz, Stockholm - Ultra-Langstrecken-Läufe können den Herzmuskel schädigen und das auch bei Spitzenathleten. Das berichteten Forscher vom Countess of Chester Hospital in Liverpool, UK, auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC) in Stockholm. Im Rahmen einer Studie wiesen nach Ende des Laufes 96 Prozent der Teilnehmer einen signifikanten Anstieg von Troponin I auf, einem möglichen Indikator für Schädigungen des Herzmuskels. Zwölf Prozent der Teilnehmer hatten Anzeichen einer signifikanten Schädigung des Herzmuskels. Die Hälfte der EKGs zeigten Veränderungen: Nach dem Lauf wurde eine sechs-prozentige Abnahme der Herzfunktion beobachtet, "die bedeutsam sein könnte", so die Studienautoren.

Untersucht wurden 45 Teilnehmer des Ultra-Marathon-Rennens "Lakeland Race", bei dem eine Strecke von mindestens 80 Kilometern in zum Teil hügeligem Gelände zurückgelegt wird. Die Studien-Teilnehmer im Alter zwischen 24 und 62 Jahren hatten und bereits mehrfach an Marathons und Ultra-Marathons teilgenommen, bei keinem war vor dem Rennen ein Herzproblem bekannt gewesen. In einer weiteren in Stockholm vorgestellten Studie der Charitè-Universitätsklinik Berlin zeigten 167 Teilnehmer des Berlin-Marathon mit einem Durchschnittsalter von 50 Jahren nach dem Lauf echokardiographische Veränderungen, die sich allerdings nach 14 Tagen zurückgebildet hatten.

Ultramarathons aus sportmedizinischer Sicht zu hinterfragen

"Die Teilnahme an Ultramarathons muss aus sportmedizinischer Sicht ernstlich hinterfragt werden", kommentiert Falko Skrabal vom Institut für Herzkreislauf- und Stoffwechselmedizin in Graz, in einer Aussendung. Um aus sportmedizinischer Sicht einen Marathon laufen zu können, ist im jahrelangen Training ein Laufpensum von etwa 50 Kilometer pro Woche nötig, was bei einem 70 Kilo schweren Mann einem Kalorienverbrauch von etwa 3.500 Kilokalorien pro Woche entspricht. Für einen Ultramarathon sind zumindest 80 Kilometer pro Woche günstig. Ein geringeres Trainingspensum wäre aus medizinischer Sicht abzulehnen, so der Mediziner.

Das optimale Trainingspensum für den Gesundheitssport liegt aber bei dreimal 45 bis maximal dreimal 60 Minuten aerobem Training pro Woche, womit man aber keinen Marathon sinnvoll bestreiten könne. "Die Fehlmenge auf das Optimum von 2500 kcal/Woche sollte durch Körperarbeit bestritten werden, die in den Alltag eingebaut wird, zum Beispiel auf dem Weg ins Büro und im Treppenhaus. Mit zunehmendem Alter sollte zusätzlich ein Krafttraining inkludiert werden", so Skrabal.

Teilnahme nur mit adäquatem Trainingspensum

Gegen die Teilnahme an Marathons in jüngeren Jahren sei aus sportmedizinischer Sicht bei adäquatem Trainingspensum nichts einzuwenden. Wenn bei solchen Ereignissen ab dem 50. Lebensjahr EKG Veränderungen nach dem Wettkampf beobachtet werden, sind strukturelle Veränderungen am Herzen und/oder an den Koronargefäßen wahrscheinlich. Bei Marathonläufern in mittleren Lebensjahren wurde zusätzlich bei Langzeitbeobachtungen eine höhere spätere Inzidenz von Vorhofflimmern beobachtet. "Ausdauer-Athleten, die in jungen Jahren Wettkämpfe üblicher Weise ohne gesundheitliche Schäden bestritten haben, in späteren Jahren aber nur Gesundheitssport und keinen Wettkampfsport betreiben, können damit kardiovaskuläre Risikofaktoren wie hohe Blutfettwerte, Diabetes und Bluthochdruck reduzieren und haben zwischen dem 50. Und 80. Lebensjahr Überlebensvorteile gegenüber Nicht-Sportlern", so Skrabal. (red)