Die Verordnung von Wirtschaftsminister Mitterlehner, in Kraft seit 1. September, wird von der Makler-Branche weiter vehement bekämpft.

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Die seit heute, 1. September, gültige neue Makler-Verordnung versetzt die Branche weiterhin in Krisenstimmung. Vor allem der Obmann der Wiener Fachgruppe, Oliver Brichard, zieht den Unmut vieler Makler auf sich. Der Vizepräsident des FP-nahen "Rings Österreichischer Makler" (RÖM), Elmar Dirnberger, wirft Brichard vor, sich nicht genug gegen die Verordnung von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gewehrt zu haben. Brichard sei "offensichtlich nicht in der Lage" gewesen, "einen ehemaligen Wirtschaftsbundsekretär, (...) Parteifreund und WB-Kollegen (Wirtschaftsbund, Anm.) derartig in die Schranken zu weisen, dass er (...) kennenlernt, wo es in der Immobilienbranche lang geht", schreibt Dirnberger erbost in einer Aussendung.

Dass sich Brichard auf die Fahnen hefte, die Verordnung mehrere Jahre lang aufgeschoben zu haben, lässt Dirnberger nicht gelten. "Richtig ist vielmehr: Diese wirtschaftliche Vernichtung eines guten Drittels unserer Branchenmitglieder wurde bis nach den kürzlich erfolgten Kammerwahlen bewusst aufgeschoben, um eine völlige Neugestaltung der Wiener Immobilienvertretung durch gestandene RÖM-Mitglieder (...) noch rasch zu unterbinden." Dirnberger hegt sogar die Vermutung, es handle sich bei der Vorgangsweise der Fachgruppe um einen "von langer Hand vorbereiteten Putsch, um den Markt zu bereinigen".

Rücktritts-Aufforderung

Dirnberger stellt Brichard schließlich sogar ein Ultimatum: "Wir erwarten Ihren Rücktritt bis spätestens 15.9.2010." Weiters kündigt er an, dass die RÖM-Mitglieder ihre Kammerbeiträge nicht mehr zahlen werden, "bis die Makler-Verordnung aufgehoben und außer Brichard auch noch der peinliche Sekretär Mitterlehner als Wirtschaftsminister politisch entsorgt ist".

Vom Bundes-Fachverband verlangt Dirnberger eine Zusage, dass er die Kosten für zwei vom RÖM initiierte, "von Topanwälten bereits vorbereitete Klagen auf Europaebene" übernehme, "ansonsten werden wir die Hinterlegung aller Kammerbeiträge in Luxemburg allen österreichischen Zwangsmitgliedern empfehlen".

Brichard: Stellen wurden bereits abgebaut

Der Wiener Fachgruppen-Obmann Oliver Brichard will die Aussendung von Dirnberger im Gespräch mit derStandard.at nicht kommentieren. In der Sache gehe es ihm grundsätzlich darum, "dass die Bedenken gegen die Verordnung nicht von der Hand zu weisen sind". Aus diesem Grund müsse - akkordiert mit dem Verband der Immobilientreuhänder (ÖVI), der dies ebenfalls ankündigte - eine Klage in verfassungs- und kartellrechtlicher Hinsicht geprüft werden, so Brichard.

Er kritisiert weiters vor allem die Geschwindigkeit, mit der die Verordnung umgesetzt wurde. "Unsere Mitglieder haben sechs Tage vor Inkrafttreten davon erfahren. Da ist es unmöglich, darauf zu reagieren." Die Novelle sei "so unmittelbar" erfolgt, und "ebenso unmittelbar ist jetzt die Reaktion darauf": Mehrere Mitglieder der Wiener Fachgruppe hätten ihm bereits mitgeteilt, dass sie gezwungen seien, Stellen abzubauen. "Manche Kollegen haben schon zwei, drei Leute rauswerfen müssen, weil sie sonst ihre Jahresziele nicht erreichen."

Mitterlehner: "Fachverband war eingebunden"

Wirtschaftsminister Mitterlehner zeigte sich am Mittwoch allerdings neuerlich "befremdet" über die anhaltende Kritik aus der Branche. Der Fachverband sei in die Verhandlungen über die Verordnung eingebunden gewesen sei. Dabei sei als Verbesserung für die Branche erreicht worden, die Grenze für die Provisionen bei befristeten Mietverträgen von vier auf drei Jahre zu reduzieren. "Fachverbandsobmann (Thomas) Malloth hat sich für diese Zugeständnisse nicht nur bedankt, sondern auch eine sachbezogene Vermittlung der Ergebnisse an seine Mitglieder zugesichert", bekräftigte Mitterlehner. Auch der Termin des Inkrafttretens sei mit dem Fachverband akkordiert gewesen.

Brichard lässt den Hinweis, dass die Novelle der Verordnung schon seit 2007 im Regierungsübereinkommen steht, aber nicht gelten. "Im Regierungsprogamm steht wörtlich: 'Unter Anhörung der Berufsgruppe.' - Und genau so hat das stattgefunden", übt er sich in Sarkasmus.

RFW vermutet "Wahlkampftaktik"

Nicht ganz so unfreundlich wie RÖM-Vizepräsident Dirnberger, aber nicht weniger bestimmt geht der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender (RFW) mit dem Wirtschaftsminister um. Landesobmann Detlev Neudeck vermutet ebenfalls, dass die "überfallsartige" Umsetzung der Verordnung "nur Wahlkampftaktik" sei, und richtet einen "Offenen Brief" mit neun Fragen an Mitterlehner. (map, derStandard.at, 1.9.2010)