Im Vorfeld des ORF-Stiftungsrates am 9. September herrscht heftiges Tauziehen um die Bestellung des neuen ORF-Hörfunkdirektors. Als Favorit für den Posten gilt TV-Chefredakteur Karl Amon, gegen den sich allerdings vor allem bürgerliche Stiftungsräte wenden. Nach ÖVP-Lesart ist die Neubesetzung des Radiodirektors ein Jahr vor der Wahl eines neuen ORF-Direktoriums unnötig, kostenintensiv und vor allem auf einen "roten Masterplan" zurückzuführen. In der SPÖ pocht man darauf, dass der Radiodirektor nachbesetzt werden müsse und dies auch kostenneutral gelingen werde. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Nachbesetzung der Radio-Chefredaktion, die offenbar unmittelbar bevor steht.

Dass es bei der Findung eines neuen Radiodirektors, die nach dem gesundheitlich bedingten Rückzug von Willy Mitsche notwendig wurde, doch noch zu einer großkoalitionären Lösung kommt, ließ sich Anfang dieser Woche nur mit viel Optimismus darstellen. Ob die bürgerlichen Stiftungsräte bei der Bestellung von Amon mitgehen, hängt derzeit vor allem vom neuen Radio-Chefredakteur ab. Stefan Ströbitzer, derzeit ORF 2-Infochef und Amons Stellvertreter im Fernsehen, gilt als aussichtsreichster Kandidat, was für die ÖVP offenbar gar nicht geht, wie am Dienstag zu hören war.

Ströbitzer oder Aigelsreiter

Im bürgerlichen Lager würde man dem Vernehmen nach gerne Radio-Innenpolitikchef Hannes Aigelsreiter den Vorzug geben. Für diesen hatten sich die Radioredakteure mehrheitlich ausgesprochen, woran die ÖVP am Dienstag eifrig erinnerte. Bei einem Hearing vor ORF-Chef Alexander Wrabetz in der vergangenen Woche sollen sich wiederum beide Bewerber gut geschlagen haben. Derzeit gehe es in Richtung Ströbitzer, war am Mittwoch zu hören, was wiederum für die ÖVP wohl Konfrontationskurs bedeuten würde. Würde Ströbitzer statt Aigelsreiter bestellt, dann sei eine breite Mehrheit für Amon schwierig und die Unterstützung durch VP-nahe Stiftungsräte höchst fraglich, war zu hören.

Die Abstimmung über den neuen Radiodirektor droht nächste Woche jedenfalls zur Zitterpartie werden. Die SPÖ verfügt derzeit über 15 Stimmen in dem 35-köpfigen Gremium. Für die Bestellung Amons braucht es zumindest drei weitere Stimmen aus dem Kreis von ÖVP, FPÖ, BZÖ, Grünen und Unabhängigen. Nur wenn es zumindest fünf Enthaltungen gibt, reichen auch die 15 SPÖ-Stiftungsräte.

Pelinka hofft auf "möglichst breite Mehrheit"

SPÖ-"Freundeskreis"-Leiter Nikolaus Pelinka hofft jedenfalls auf eine "möglichst breite Mehrheit" auch aus dem Kreis der bürgerlichen Gremienvertreter, wo Amon wegen seiner Arbeit durchaus auch Sympathien genießt. Dass dieser den Job des Radiodirektors gut machen würde, wird ihm jedenfalls auch in VP-Kreisen zugestanden. Der Tiroler Stiftungsrat Helmut Krieghofer, der dem VP-"Freundeskreis" zugerechnet wird, bezeichnet Amon als "Profi, der das können würde", wie Krieghofer  sagte. Allerdings stehe Amon so lange nicht zur Debatte, bis er sich nicht beworben habe.

Karl Amon selbst wollte am Mittwoch keine Stellungnahme mehr abgeben. In der Vergangenheit hatte er jedoch kein Hehl daraus gemacht, dass der Radiodirektor für ihn ein Traumjob wäre. Eine Bewerbung Amons für den Radiodirektor stand eine Woche vor der entscheidenden Stiftungsratssitzung jedenfalls weiter aus. Bis Dienstag ist dazu Zeit. (APA)