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Das OLPC-Projekt stattet Kinder mit günstigen Rechnern aus.

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Menschen, denen der Wandel viel zu rasch geht und denen Wikis, Facebook, Twitter und andere Erscheinungen des digitalen Lebens ein Gräuel sind, können Trost in einer Konstante schöpfen: der Schule, an der diese Entwicklung weitgehend vorbeigeht.

Frust

Für alle anderen ist es frustrierend, Jahr um Jahr zu konstatieren, dass vernetzte Klassenzimmer nur rund ein Prozent aller Schulklassen darstellen (600 von 54.656 im Schuljahr 2008/09). Ich weiß, es gibt an jeder Schule PCs und Internetanschluss. Und Verbeugung vor denjenigen Lehrerinnen und Lehrern, die sich in Eigenregie viel dazu einfallen lassen.

Aber die Schule als Ganzes ist in Sachen digitale Medien ahnungslos, anders kann man das nicht mehr beschreiben. Es ist, als ob irgendjemand nach der Einführung von Schultafeln, Papier, Bleistift und Schulbüchern auf die Pausentaste der medialen Entwicklung gedrückt hätte.

Geräte

Vernetzte Computer (inzwischen auch: Netbooks, iPads, Smartphones) sind seit Jahren, teils Jahrzehnten, zum persönlichen Arbeitswerkzeug in fast allen Lebenslagen geworden, aber in den Schultaschen der Erstklassler fehlen sie (außer in privater Form). Jetzt gesellen sich weitere Geräte dazu, für Schulen wie gemacht: E-Reader und iPad, bald eine Schar ähnlicher Tablets.

Für Schulen und Eltern ist das sicherlich auch eine finanzielle Frage, obwohl es bei Gerätepreisen von einigen hundert Euro (für eine Lebensdauer von etwa drei Jahren) inzwischen lächerlich ist zu sagen, dies sei nicht lösbar.

Anstelle einer 13. Kinderbeihilfe wäre auch eine bessere Ausstattung der Schulen mit solchen Geräten möglich gewesen. Und da in vielen Kinderzimmern die digitale Lebenswelt ohnehin Realität ist, wäre auch eine private oder gemischte Finanzierung denkbar (z. B. nach dem früheren Prinzip von Zuschüssen zu Skiwochen, oder Schülerladen für Bücher). Man müsste dazu nur das Alles-oder-nichts-Dogma begraben, wonach entweder alle alles vom Staat bezahlt bekommen, oder keiner irgendwas kriegt.

Sprechtag

Damit waren wir erst bei der Ausstattung und nicht bei dem viel wichtigeren Aspekt, welche neue Möglichkeiten digitale Medien eröffnen. Zum Beispiel die Schulgemeinschaft durch soziale Netzwerke stärken (wie Facebook, aber nur auf die jeweilige Schule bezogen, oder einen Verbund von Schulen). Durch direkten E-Mail-Kontakt zwischen Lehrkräften und Eltern statt des überkommenen Sprechtag-Rituals. Schulstoff in Form von Wikis selbst und in Gemeinschaft zu erarbeiten. Inhalte mittels Videos oder interaktiven Apps erarbeiten können.

Für all das und noch viel mehr gibt es Beispiele, aber es bleibt Stückwerk. Da und dort mag es sogar - schluck! - zu Rationalisierungseffekten kommen. Das ist nicht der Hauptgrund für den konsequenten Einsatz digitaler Medien. Aber wenn es Schulen einen dringend nötigen Spielraum gibt: warum nicht. (helmut.spudich@derStandard.a, DER STANDARD Printausgabe, 2. Septmber 2010)