Rolling Stone nennt "the social network" bereits "Film des Jahres"

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Es ist wohl kein Zufall, dass Oprah Winfrey vor wenigen Tagen Mark Zuckerberg als den jüngsten reichen Wohltäter in ihrer Show präsentieren konnte. 100 Millionen Dollar spendet der Facebook-Gründer den Schulen in Newark, die in einem solch beklagenswerten Zustand sind, dass sie unter die Kuratel des Bundesstaates New Jersey gestellt wurden.

Offline-Freundin Priscilla Chan

Spender dürfen sich in Oprahs reichweitenstarker Talkshow von ihrer Zuckerseite zeigen. So gab Zuckerberg, der trotz 897 "FreundInnen" auf Facebook als öffentlichkeitsscheuer Mensch gilt, eine Führung durch sein karg möbliertes Haus in Palo Alto, samt Küsschen für die langjährige Offline-Freundin Priscilla Chan. Er zeigte seinen Schreibtisch inmitten einer Legebatterie an Schreibtischen im Büro von Facebook. Derzeit, erzählte Zuckerberg Oprah, studiere er Chinesisch, da er Ende des Jahres mit Priscilla einen China-Urlaub machen werde.

Justin Timberlake

Zuckerberg der Philanthrop, dessen Spende nur der erste Schritt für eine Bildungsstiftung sein soll: Vielleicht ein Alternativbild zum anderen Zuckerberg, der ab heute, Freitag, in den USA und ab 8. Oktober in heimischen Kinos im Film The Social Network zu sehen ist. Drehbuchautor Aaron Sorkin, für die Serie West Wing in einem fiktiven Clinton-White-House viel gepriesen, und Benjamin Button-Regisseur David Fincher inszenierten den Film The Social Network, in dem Jesse Eisenberg den jungen Internet-Tycoon spielt - als einen sozial schwierigen Nerd, der schon als Jugendlicher für die Zahnarztpraxis des Vaters "ZuckNet" bastelte, um Patienten automatisch anzukündigen, in Harvard die Zwillinge Winkelvoss beschwindelte und aus ihrer Idee "Harvard Connection" Facebook machte, den der Napster-Erfinder Sean Parker (Justin Timberlake) nach Silicon Valley brachte und der ein Milliarden-Kaufangebot von Microsoft einfach ausschlug.

Gefällt ihm nicht

Taktlos und unsensibel gegenüber Frauen, arrogant gegenüber Autoritätsfiguren, frühreif und ein kurioser Mix aus Naivität und gewaltigem Ehrgeiz, so zeigt der Film Zuckerberg.

"Zuck" war offenbar "not amused": Vor allem eine Szene mit Sean Parker, in der im Hintergrund barbusige Mädchen eine Koksstraße schnupfen, wollte man aus dem Film reklamieren - erfolglos, berichtete die New York Times. Hingegen setzte Zuckerberg eine persönliche Sanktion: Er strich West Wing als "Lieblingsshow" von seiner Facebook-Seite.

Zuletzt machte jedoch die Facebook-Topmanagerin Sheryl Sandberg gute Miene zum Spiel Hollywoods. Der Film sei "Fun", aber eben "Fiction", und die "wahre Facebook-Geschichte" sei wesentlich weniger faszinierend. "Wer will schon zwei Stunden lang einen Typ sehen, der mit seinen Freunden vor einem Computer sitzt und Pizza bestellt?"

Bill Gates

Ob man nun mit Zuckerbergs fiktiver Figur sympathisiert oder nicht: Eines wird der Film festigen - den Nimbus des Facebook-Gründers als programmierendes Wunderkind. Nicht unähnlich einem anderen Nerd, der vor 30 Jahren dazu ansetzte, die Welt zu verändern: Bill Gates. (Helmut Spudich, Der Standard Printausgabe 1. Oktober 2010)

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