Baden-Württembergs Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) hat den massiven Polizeieinsatz beim Bahnprojekt Stuttgart 21 verteidigt. "Wir hätten gerne eine Baustelle eingerichtet ohne Polizeieinsatz", sagte Gönner am Freitag im Deutschlandfunk. Es sei immer klar gewesen, dass kein Baustopp eingeleitet werde. Es sei unverhältnismäßig, dass Baustellen für Zukunftsprojekte in einem solchen Umfang abgesichert werden müssten.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) wies unterdessen die Vorwürfe zurück, Polizisten seien unangemessen gegen Gegner des Bahnprojektes "Stuttgart 21" vorgegangen. Gewerkschaftschef Rainer Wendt sagte am Freitag dem Nachrichtensender n-tv, an diesem Einsatz sei "nichts, aber auch gar nichts auszusetzen". "Angemessen und vernünftig, aber eben auch energisch hat die Polizei hier ihren Auftrag erfüllt", betonte Wendt. "Die Bilder waren alles andere als schön, aber dafür ist die Polizei auch nicht hier", sagte der Gewerkschafter.

Grünen-Chef Cem Özdemir verurteilte das harte Vorgehen der Polizei bei den Demonstrationen. "Es ist eine skandalöse Art und Weise, Schüler und ältere Damen mit Pfefferspray zu besprühen", sagte Özdemir am Freitag im ARD-"Morgenmagazin". "Das macht man in einem Rechtsstaat nicht." Im Sender n-tv sprach der Grünen-Chef von "unverhältnismäßiger Gewalt". Er warf Landesinnenminister Heribert Rech (CDU) vor, "Deutschland mit Putin-Russland" zu verwechseln. Özdemir spielte dabei auf das oft harte Vorgehen der russischen Polizei gegen Demonstranten an.

Der Grünen-Innenpolitiker Wolfgang Wieland erhob nach Eskalation der Proteste gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21" schwere Vorwürfe gegen die baden-württembergische Landesregierung. Nach einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des Innenausschusses im Bundestag Freitag früh in Berlin sagte Wieland, dass es bei dem Einsatz vier verletzte Bundespolizisten gegeben habe, dadurch drei durch Fremdverschulden. Dabei handle es sich um Hämatome, also nicht um schwere Verletzungen. Auch sei eingeräumt worden, dass es eine "Falschinformation" gewesen sei, dass mit Pflastersteinen geworfen worden sei. "Es handelte sich ganz offenbar um Kastanien."

Der Grünen-Politiker betonte: "Wenn man das so etwas in die Welt setzt, dann will man anheizen. Dann will man eigenes zu hartes Vorgehen damit rechtfertigen." Die Sondersitzung war von der Linken-Fraktion am Donnerstag beantragt worden. Der Innenausschuss soll sich am kommenden Mittwoch in seiner regulären Sitzung erneut damit befassen.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat unterdessen den Vorwurf der Grünen zurückgewiesen, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei mitverantwortlich für die Eskalation der Proteste gegen das Bahn-Projekt "Stuttgart 21". "Die Grünen handeln völlig verantwortungslos", sagte Gröhe am Freitag in Berlin. "Aus zahlreichen Verletzten mit abstrusen Vorwürfen an die Bundeskanzlerin politischen Vorteil ziehen zu wollen, ist zutiefst schäbig."

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hatte der "Financial Times Deutschland" (Freitagausgabe) gesagt: "Es ist auch Merkels Einsatz, wenn jetzt Schlagstöcke und Reizgas gegen Schülerinnen und Schüler eingesetzt werden." (APA)