Im Vergleich zu Hongkong oder London herrschen in Berlin geradezu beschauliche Verhältnisse. Wenn dieser Tage das Art Forum Berlin (6. bis 10. Oktober) vom Stapel läuft, dann können die rund 110 Galerien aus 18 Ländern ihre Ware entspannt feilbieten. Auch die aus Österreich anreisenden Teilnehmer (Georg Kargl, Thoman, Nächst St. Stephan, Grita Insam) werden dann nicht gegen die Omnipräsenz der lokalen Auktionsbranche kämpfen müssen.

Denn, das lehrt die Erfahrung etwa in Asien, in zeitlicher Nähe zu Kunstmessen stattfindende Versteigerungen ziehen Kaufkraft ab. So soll es sich zumindest im Frühsommer auf dem prosperierenden Marktplätzchen Hongkong zugetragen haben. Im April meldete Sotheby's den höchsten bislang in der Metropole an Chinas Südküste mit einer sechstägigen Auktionssause erzielten Umsatz: Mehr als 2400 Besitzerwechsel schlugen sich mit 191,64 Millionen Euro zu Buche.

Begrenzte Einkaufsbudgets

Sieben Wochen später stand der nächste Eventreigen auf dem Programm: Die dritte "Art Hong Kong" einerseits und nicht weniger als zehn Auktionen bei Christie's (Total: 178,19 Mio. Euro) sowie bei Asian Art Auctions Alliance andererseits. Die Termingleiche sei strategische Absicht gewesen, um internationalen Sammlern eine doppelte Anreise zu ersparen. Der Schuss ging laut Messeteilnehmern nach hinten los.

Mehrfach hätten sich Besucher im Smalltalk ihrer aktuellen Bieterfolge gebrüstet. Nachsatz: Deshalb verfüge man über kein weiteres Kaufbudget mehr. Ein beachtlicher Prozentsatz an Messeteilnehmern sei auf dem Warenbestand hockengeblieben sein. Ohne nennenswerte Verkäufe konnten einige folglich nicht mal ihre Spesen decken. In solchen Ausmaßen ist das Phänomen abgezogener Kaufkraft in Europa oder New York noch unbekannt. Auch, weil man eine diversifizierte und über Jahre herangezogene Klientel bedient. In London etwa teilten sich die Auktionsgiganten und die Frieze den Kuchen in den vergangenen Jahren durchaus zufriedenstellend.

Und doch bäckt man hier aufgrund der wirtschaftlich angespannten Situation zum Auftakt der Herbstsaison weitaus kleinere Scones als zuvor. Drei der ehemals zum Magneten Frieze erblühten Satellitenmessen verschwanden von der Bildfläche. Die Frieze-Macher reagierten, riefen 2009 die für Handelsfrischlinge reservierte Sektion "Frame" ins Leben, zogen damit aber auch vielversprechende Repräsentanten ab. Folglich schrumpfte die 2004 eigens für junge Galerien konzipierte "Zoo" von rund 60 (2008) auf 22 Teilnehmer, jetzt folgte das Aus.

Aktuell tritt die Frieze nun in der bislang stärksten Formation an (14. bis 17. Oktober): Mit 173 Teilnehmern aus 29 Ländern, darunter sechs aus Österreich (Andreas Huber, Martin Janda, Georg Kargl, Krinzinger, Meyer-Kainer, Gabriele Senn), die mit ihrem Programm um lukrative Aufmerksamkeit unter den kolportierten 60.000 Besuchern heischen werden.

Keine Frage, dass der aus den USA und vom asiatischen Kontinent anreisende Tross an Kuratoren und Sammlern nicht auch das synchron von den Auktionshäusern präsentierte Angebot sondieren wird. Je drei Sales stehen (14. bis 16. Oktober) bei Christie's und Sotheby's auf dem Programm, wobei allein die Abendauktionen bei Christie's 15,95 bis 22,7 Millionen Pfund bzw. bei Sotheby's um die zehn Millionen in die Kassen spülen sollen.

Wer weiß, ob es da in der Kategorie etablierter Markenware nicht doch das eine oder andere Schnäppchen an Land zu ziehen gelingt. So man das Einkaufsbudget nicht schon auf der Messe verprasst. Auf der Frieze, oder auch beim Debütanten Multiplied (15. bis 18.Oktober), einem auf zeitgenössische Editionen spezialisierten Format, mit dem Christie's als Veranstalter - freilich rein idealistisch betrachtet - den Kontakt zum Nachwuchs auf dem Primärmarkt wohl nicht nur strategisch zu intensivieren gedenkt. (Olga Kronsteiner/ DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.10.2010)