Um den Zusammenbruch der israelisch-palästinensischen Gespräche abzufangen, pendelte US-Vermittler George Mitchell seit Donnerstag zwischen Jerusalem, Ramallah und Cäsaräa, wo Israels Premier Benjamin Netanjahu seinen Privatwohnsitz hat. Laut Medienberichten war Washington verärgert darüber, dass Netanjahu einen US-Kompromissvorschlag, der eine Verlängerung des Siedlungsausbaustopps um zwei Monate vorgesehen hätte, zurückgewiesen habe. Die Zeit drohte knapp zu werden, weil führende Palästinenservertreter schon heute, Samstag, eine Grundsatzentscheidung über die Fortsetzung der Verhandlungen treffen wollen. Etwas Spielraum blieb aber noch, da ein Treffen der Arabischen Liga in Kairo von Montag auf Mittwoch verschoben worden war.

Netanjahus Vertreter sollen vorige Woche an dem Text mitgearbeitet haben, den das Weiße Haus als Zauberformel präsentieren wollte. Versprechungen im politischen und im Sicherheitsbereich sollten den Israelis die bittere Pille eines abermaligen Ausbaustopps versüßen. So wollte Präsident Barack Obama die Forderung nach Stationierung israelischer Soldaten im Jordantal auch nach der Gründung eines Palästinenserstaats unterstützen, für Israel unbequeme Resolutionen im UN-Sicherheitsrat blockieren, arabische Staaten zu Schritten gegen den Iran vergattern und Israel mit Kampfjets ausstatten.

Doch Netanjahu machte einen Rückzieher, ein weiterer Ausbaustopp gilt in Israel als politisch undurchsetzbar. Die Amerikaner verstärkten daraufhin den Druck, indem sie Einzelheiten des Pakets an einen Washingtoner Thinktank durchsickern ließen. Meldungen, wonach es einen fertigen Brief Obamas an Netanjahu gegeben habe, wurden aber dementiert: "Es gab keinen derartigen Brief" , sagte P. J. Crowley, der Sprecher des State Department. Im Weißen Haus war das Wording dagegen etwas anders: "Es wurde kein Brief abgeschickt." (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 2.10.2010)