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Die Taschen leer und die Nase voll: Die Rektoren Martin Polaschek, Hans Sünkel und Wolfhard Wegscheider (v. li.) im Hof des Grazer Priesterseminars vor dem steirischen Presseklub.

Foto: APA/Leodolter

Wien/Graz/Salzburg/Klagenfurt - Die Rektoren gaben sich allesamt äußert betroffen. Und zwar zeitgleich und gleich in vier Städten: Sie wollten auf die Notlage ihrer Unis aufmerksam machen.

"Seit 2004 sind die Studierendenzahlen um 30 Prozent gestiegen - das Budget nicht mal um fünf Prozent." Für den Rektor der Universität Wien, Georg Winckler, wären Studiengebühren jedoch nicht die einzig denkbare Lösung der Unterfinanzierung: "Es geht nicht darum, die Rektoren mit ein bisschen Studiengebühren glücklich zu machen."

Das System brauche wesentlich mehr, mindestens 250 bis 300 Millionen Euro. Das fordern die Rektoren jetzt mit einer eindringlichen Warnung: Sollte die Regierung nicht rasch ein Finanzierungspaket auf die Beine stellen, müssen "Kapazitäten zurückgefahren und bestimmte Bereiche zugesperrt werden", alarmiert Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst in Wien.

Dreimal habe die Rektorenkonferenz versucht, Gespräche mit der Regierungsspitze und den zuständigen Ministerien zu organisieren - nicht einmal eine Reaktion habe es gegeben. Nun ließ Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) ausrichten, er sei bemüht, gemeinsam mit dem Kanzler einen Termin zu finden - was in Zeiten der Budgetverhandlungen eben schwierig sei.

Es sei "ein erbärmliches Zeichen für eine Regierung, wenn man mediale Klimmzüge veranstalten muss, damit dort einmal ein Denkanstoß stattfindet", ärgerte sich Hans Sünkel, Rektor der Grazer TU und Präsident der Österreichischen Universitätenkonferenz. Seitens der Grazer Unis habe man wirklich schon viel getan, um "Duplizitäten abzuschaffen", spricht Sünkel die Zusammenlegung von Instituten dreier Unis an. An weitere Schließungen will man hier nicht denken: "Das würde in der gesamten Bevölkerung einen massiven Schaden anrichten."

Der Vizerektor der Uni Graz, Martin Polaschek, fand ebenso drastische Worte: "Wir reden viel über Griechenland", dabei werde es nicht lange dauern, bis man "für Österreich ein Bildungs-Notpaket schnüren muss". Zu gewissen Details, wie Studiengebühren und Zugangsregelungen, stehen die Steirer etwas anders als die Wiener Kollegen. Wolfhard Wegscheider, Rektor der Montan-Uni Leoben, meinte sogar, ohne das Einheben von Studiengebühren würde man bei "internationalen Kollegen nur mehr Mitleid erregen".

In Salzburg wandten sich derweil die Rektoren dreier Unis an die Medien. Sie sind besonders vom Zustrom aus dem benachbarten Deutschland betroffen. So erwartet Heinrich Schmidinger, Rektor der Uni Salzburg, einen Zuwachs von 16.500 auf 20.000 Studierenden bis 2011. Gleichzeitig zeichneten sich ab 2013 reale Budgetkürzungen ab. Wenn das komme, sehe er sich gezwungen, einzelne Studienrichtungen ganz auszusetzen oder nur mehr alle zwei Jahre anzubieten: "Das ist natürlich ungesetzlich. Aber ich sage Ihnen, in eine solche Situation könnten wir kommen."

Sein Innsbrucker Kollege Karlheinz Töchterle bezeichnete die Unis als "Trümmerfeld". Der Rektor der Uni Linz, Richard Hagelauer, forderte ein Drittel mehr wissenschaftliches Personal an den Unis. Im Moment komme ein wissenschaftlicher Mitarbeiter auf 16 Studierende, an den Fachhochschulen sei der Schlüssel 1:7. "Das ist ein ganz, ganz grobes Missverhältnis. Und wir sollten eigentlich auch noch forschen."

Zugangsbeschränkungen befürworten alle drei Rektoren in Salzburg. Sie sei aber nur "ein Mittel, um die ärgsten Auswüchse in den Griff zu bekommen", sagte Töchterle. Letztlich sei es eine Geldfrage. Langfristiges Ziel müsse es sein, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Universitäten zu stecken. Derzeit seien es für den gesamten tertiären Bildungsbereich 1,36 Prozent.

Auch der Rektor der Universität Klagenfurt, Heinrich C. Mayr, befürchtet bei der von der Regierung geplanten Einfrierung des Uni-Budgets die "Schließung von drei größeren Instituten".

Am 19. Oktober soll eine solidarische Vollversammlung aller Uni-Bediensteten und Studierenden mit Unterstützung der ÖH stattfinden. (cms, juh, pehe/DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.10.2010)