Mitte September 14:00:00. Highspeed. Eingeloggt. Der Kampf um den Stundenplan beginnt. Lehrplanvoraussetzung: eine schnelle Leitung. Internetleitung wohlgemerkt, andere Qualifikationen treten vorerst in den Hintergrund.

Ich weiß nicht, wie vielen es bei diesem fraglichen Qualifizierungsprozess besser geht als mir, aber den vorhandenen Plätzen nach zu urteilen, sind es zumindest in meinem Jahrgang wenige, die ihren Stundenplan ohne Wartelisten, geänderte Kurse oder Hoffen auf ein Nichterscheinen anderer zusammenstellen können. Noch weniger, die an Anmeldetagen nicht schon um Punkt 14:00 am Computer sitzen und kaum welche, die nach den ersten paar Minuten der Frist überhaupt noch einen Platz bekommen.

Rote Nullen als Indikatoren freier Kapazitäten unmittelbar nach Anmeldungsbeginn lassen mich die Definition eines "freien" Bildungszuganges grundlegend in Frage stellen und bei jeder Anmeldung auf Kapazitätserweiterungen und zusätzlich angebotene Kurse hoffen. Kurse für die kein Geld, keine Lehrkraft und kein Raum zur Verfügung stehen und deren Zeiten - wenn sie zu Stande kommen - dort liegen, wo sie in den eigenen Stundenplan nicht mehr hineinpassen. Steine im Weg für ein schnelles WU Studium, Brocken für ein Doppelstudium, Felsen für ein Tripelstudium. Ich studiere Physik, Chemie und Wirtschaft - nichts wie ab ins Ausland!

Ich möchte meine Kolleginenn und Kollegen darauf aufmerksam machen, dass diese Studienbedingungen an einer Universität, wie der WU, nicht notwendig wären. Eine Uni, die ohnehin schon mit riesigen Massen an Studierenden fertig wird und 2.050 neue pro Jahr aufnehmen kann. Eine Uni, an der es möglich ist, innerhalb von drei Tagen seine Prüfungsergebnisse zu bekommen, obwohl man die Prüfung gemeinsam mit mehreren Hunderten in der Wiener Stadthalle geschrieben hat. Eine Uni, die Kurse zu allen Tages- und Nachtzeiten anbietet, um möglichst alle Arten von Studierenden zufriedenzustellen. An der ohnehin schon jeder doppelt zu arbeiten scheint. Kurz: eine Uni, die ihre vorhandenen Ressourcen optimiert wo es geht - solang es geht.

Irgendwann geht es nicht mehr und 7.000 Studienanfänger pro Semester sind selbst für die WU zu viel. Wer von uns glaubt noch, Diskussionen über Zugangsregelungen oder Studienbeschränkungen betreffen nur Studienanfänger/innen? Wir alle teilen uns dieselben begrenzten Ressourcen. Schätzt euch glücklich, wenn ihr das bisher noch nicht zu spüren bekommen habt. 4x mehr Studienanfänger/innen als vorgesehen, aber nicht 4x mehr Räume, Professoren, Masterplätze! Mal ganz ehrlich: Wie stellen wir uns das vor? Ja wir! Es geht um uns! Die Kolonne der im Stau stehenden Studierenden. Und zwar nicht, weil wir nicht fähig oder lernwillig sind... Unsere Leitung war halt eine Spur langsamer - die Internetleitung!

Ich finde die Haltung unserer Politik und ihr verbundener Organisationen in dieser Hinsicht verantwortungslos. Zuzusehen und nichts zu unternehmen, ist eine Sache, aber Vorschläge einer Verbesserung und Hilferufe der Unis alternativlos abzulehnen und zuzusehen, wie sich die Dinge entwickeln, ist verrückt. Das kostet uns Zeit, das kostet dem Staat Arbeitskraft und es demotiviert uns! Ich bin jetzt im 5. Semester und habe Probleme, die in meinem Lehrplan vorgesehenen Kurse belegen zu können, weil es keine Plätze mehr gibt. Im letzten Jahr habe ich einen Kurs mit selbst mitgenommenen Sesseln absolviert. Ich richte meine Auslandaufenthalte in den Ferien nach den Anmeldefristen der WU, um um 14:00:00 im WU Server Netz zu hängen. Es geht nicht um mein Wissen, meine Qualifikationen oder mein Engagement, sondern - um überhaupt studieren zu können - um eine schnelle Internetverbindung. Schnelles WLAN statt Numerus clausus - das ist Österreich.

Solange die Ressourcen der WU nicht erhöht werden, muss selektiert werden. Fraglich, ob die Internetleitung das richtige Qualifikationskriterium ist! (Katharina Wittmann, DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.10.2010)