Seit ein paar Tagen fällt der Kater (Balu) der ganzen Familie akustisch schwerstens auf die Nerven. Was der Mensch von einer Katze zu hören wünscht, ist: beruhigendes Schnurren, mildes Miauen, allenfalls ein zartes Tapsen der Katzenpfoten auf dem Stein- oder Holzboden. 

Wir aber hören weder Schnurren noch Tapsen, wir hören ein Greinen, jeden Morgen ein durch Mark und Bein gehendes Greinen, das sich den Tiefen der Katzenkehle entringt: Miaaau! Mioooo! Miaaau! Mioooh! Emotional steckt in diesem Greinen vieles drin. Es hört sich nach Weltschmerz mit einem kräftigen Schuss Grant an, vor allem aber nach einem Vorwurf an die Welt im Allgemeinen und die Damen und Herren Katzenhalter (also uns) im Besonderen. 

Wir wissen nicht, womit wir uns dieses morgendliche Angegreintwerden verdient haben, weil tagsüber ist dann eh wieder alles o. k. Aber die Folgen der Greinerei in aller Herrgottsfrüh sind grauenhaft. Das Blut stockt in den Adern. Die Milch stockt im Kaffee. Der Urin stockt in der Toilette. Das Frühstück, was sag ich: DER TAG ist gelaufen. 

Und: Es gibt keine Abhilfe. Wenn Kinder oder Katzen schlecht gelaunt sind, stopf ich Ihnen normalerweise zur Aufheiterung sofort ein paar Milchschnitten in den Mund / ein paar Brekkies ins Maul, hehehe. Doch nicht einmal das funktioniert. Selbst am frisch mit einer Extraportion "Dein Bestes! Für Katzenkinder" gefüllten Napf wird eisenhart weitergegreint. 

Wir fragen uns: Warum? Die naheliegendste Erklärung ist natürlich die: Mein Kater ist eine Reinkarnation von Hans Moser. Tatsächlich ist die Strukturähnlichkeit zwischen dem legendären Moser'schen Geraunze und dem Balu'schen Gegreine so offenkundig, dass kaum begründete Zweifel übrigbleiben. 

Schade für Moser, wenn man's genau bedenkt. Er hätte ja auch als eine finanziell potentere Lebensform reinkarniert werden können, zum Beispiel als Karl-Heinz Grasser (Penthouse am Ring, Villa am Wörthersee, "Unterhirzinger-Hof" in Kitzbühel etc., etc.) oder als Walter Meischberger (Villa in Döbling; "kleine Wohnung auf Ibiza" usw., usf.), 

Aber irgendwas muss Moser moralisch verbockt haben, dass sich Grasser oder Meischberger nicht ausgegangen sind. So hat's dann halt doch nur für unseren armen Kater gereicht. Sehr schade für Moser, wie gesagt. Und eigentlich: sogar zum Greinen. (Christoph Winder, ALBUM/DER STANDARD - Printausgabe, 2./3. Oktober 2010)