Kunashir - Dmitri Medwedew hat als erster Präsident Russlands eine umstrittene Kurilen-Insel besucht und damit einen Eklat mit Japan ausgelöst. Das Außenministerium in Tokio legte in aller Form Protest gegen den Besuch am Montag ein. Die Regierung habe den russischen Botschafter ins Außenministerium zitiert, meldete die Nachrichtenagentur Jiji. Die Reise Medwedews auf die Insel sei "bedauerlich", erklärte der japanische Ministerpräsident Naoto Kan vor einem Parlamentsausschuss, Außenminister Seiji Maehara sprach von einer "Verletzung der Gefühle des japanischen Volkes".

Japan beansprucht Insel

Die Regierung in Tokio beansprucht vier Inseln der Kette zwischen Hokkaido im Nordosten Japans und der russischen Halbinsel Kamtschatka als Nördliches Territorium. Russland hat die Inseln am Ende des Zweiten Weltkrieges besetzt. Wegen des Konflikts haben die beiden Staaten auch 65 Jahre nach Kriegsende noch keinen Friedensvertrag unterzeichnet.

Bodenschätze und Fischreichtum

Medwedew besuchte die südwestlichste Kurilen-Insel Kunashir, die etwa 16 Kilometer von Hokkaido entfernt liegt. Russischen Medienberichten zufolge legte er auf dem Rückflug aus dem vietnamesischen Hanoi einen Zwischenstopp auf der Insel ein. Wirtschaftlich ist die Gegend wegen Bodenschätzen und des Fischreichtums begehrt.

Besuch war angekündigt

Der japanische Außenminister Maehara hatte Russland im Oktober gewarnt, ein Besuch Medwedews auf einer der umstrittenen Inseln werde die Beziehungen zwischen den beiden Staaten schwer belasten. Sein russischer Kollege Sergej Lawrow pochte jedoch am Samstag auf den Anspruch seines Landes: "Das Territorium der Russischen Föderation ist das Territorium der Russischen Föderation", sagte er. Medwedew hatte seinen Besuch bereits Ende September angekündigt und die vier umstrittenen Inseln als "sehr wichtigen Teil" Russlands bezeichnet. Zu den japanischen Protesten hieß es aus Moskau, dass Medwedew "die Routen für Reisen durch sein eigenes Land selbst festlegt". Der russische Präsident wird Mitte November in Japan zu einem Treffen asiatisch-pazifischer Staaten (APEC) erwartet.

Der Besuch Medwedews kommt für Japan zur Unzeit, hat es doch derzeit alle Hände voll zu tun, einen Territorialkonflikt mit dem zweiten großen Nachbarland China zu schlichten. Vor einer von beiden Staaten beanspruchten Inselgruppe (Senkaku bzw. Diaoyu) nahm die japanische Küstenwache im September den Kapitän eines chinesischen Fischkutters fest, was zu massiver Verstimmung in Peking führte. Auch nach der Freilassung des Kapitäns ist die Lage um die Inseln im Ostchinesischen Meer, um die reiche Rohstoffvorkommen vermutet werden, gespannt. (APA)