Das Timing war genau gewählt, die ohnehin schon an sich selber verzweifelnden Amerikaner sollten im Endspurt des Wahlkampfes noch mehr verstört werden. Die Terrorbedrohung in eurem eigenen Land, lautete die kaum verhohlene Botschaft der Absender der Paketbomben, besteht weiterhin.

Die zwei in Tonerpatronen von Druckern versteckten Sprengsätze bestanden aus Nitropenta, einem schwer zu detektierenden Sprengstoff. Die Zünder waren mit der SIM-Karte eines Handys verbunden. Den Tipp über die hochexplosiven Sendungen (Adressaten: zwei jüdische Einrichtungen in den USA) bekamen die saudischen Behörden von Jabr al-Faifi.

Der saudische Staatsbürger war 2006 aus dem Internierungslager von Guantánamo zurück in seine Heimat überstellt worden, hatte sich einem Resozialisierungsprogramm unterzogen - und sich danach prompt wieder der Al-Kaida Organisation auf der Arabischen Halbinsel angeschlossen. Vor 14 Tagen allerdings stellte er sich den saudischen Behörden und gab die Paketbombenpläne preis. Die Ermittler konnten die gefährliche Fracht unschädlich machen.

Die jemenitischen Behörden fahnden nun mit Hochdruck nach den Drahtziehern. Gleichzeitig hat das Land seine Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Wie die jemenitische Nachrichtenagentur Saba am Montag berichtete, wird sämtliche Fracht, die die Flughäfen des Landes verlässt, fortan "außergewöhnlichen" Sicherheitschecks unterzogen.

Am Sonntagabend ließen die Behörden eine jemenitische Studentin wieder frei, die als mutmaßliche Absenderin eines der Pakete festgenommen worden war. Die 22-Jährige und ihre ebenfalls festgenommene Mutter seien unschuldig und auf freiem Fuß, sagte ihr Vater in Sanaa. Die Telefonnummer der Studentin war auf einem der beiden Pakete notiert gewesen.

Ein Vertreter der jemenitischen Sicherheitskräfte sagte, eine Frau habe sich als die Studentin ausgegeben und so das Paket aufgegeben. Das andere Paket sei von einem Mann abgeschickt worden. Hunderte Studenten der Universität Sanaa hatten zuvor für die Freilassung ihrer Kommilitonin demonstriert.

Ein Mitarbeiter der jemenitischen Sicherheitsbehörden sagte der AFP am Montag, es seien "neue Verdächtige" festgenommen worden. Zugleich seien mehrere Mitarbeiter der Paketdienste Fedex und UPS wieder freigelassen worden, die am Samstag inhaftiert worden waren. Einige würden hingegen weiter befragt. Das in Dubai gefundene Paket war von Fedex transportiert worden, das in Großbritannien gefundene von UPS.

Die US-Ermittler sehen inzwischen in dem saudi-arabischen Extremisten Ibrahim Hassan al-Asiri eine Schlüsselfigur. Die früheren Aktivitäten Asiris und seine Erfahrung mit Sprengstoffen machten ihn zu einem "Hauptverdächtigen", sagte ein Verantwortlicher der US-Anti-Terror-Behörden. Es gebe Hinweise darauf, dass Asiri auch bei dem versuchten Anschlag auf eine US-Passagiermaschine im Landeanflug auf Detroit zu Weihnachten 2009 eine Rolle gespielt habe.

Ein US-Ermittlungsteam ist auf dem Weg in den Jemen. Die Anti-Terror- und Sicherheitsexperten sollen den jemenitischen Behörden bei der Suche nach Verdächtigen im Zusammenhang mit dem versuchten Anschlag helfen. Der Anti-Terror-Berater des US-Präsidenten, John Brennan, sagte, man untersuchte die Möglichkeit, dass die Bomben in den Flugzeugen und nicht erst in Synagogen in Chicago explodieren sollten. Er warnte vor weiteren Bomben, die im Umlauf seien könnten: "Es wäre sehr leichtsinnig anzunehmen, dass es keine anderen (Pakete) da draußen gibt". (red, DER STANDARD, Printausgabe, 2.11.2010)