Den kulinarischen Aspekten der fünf Weltreligionen widmet sich Katja Sindemanns "Götterspeisen"

Osterlamm, Challa oder Laddus - hohe religiöse Festtage sind mit fixen Ritualen und Symbolen bei Speisen und Getränken verbunden. Opferspeisen, geheiligte, verbotene oder reinigende Speisen - was abseits von tradierten Regeln und Gewohnheiten tatsächlich in den Heiligen Schriften steht, wo es Parallelen zwischen den Religionen gibt und wie die manchmal allzu strengen Fastenregeln hintergangen werden, offenbart die Historikerin und Religionswissenschaftlerin Katja Sindemann. In ihrem Buch "Götterspeisen" spürt sie den religiösen Essgewohnheiten in Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus nach und liefert Rezepte für die oft mit hoher Symbolik belegten Speisen.

Christine Wurnig

Nicht nur innerhalb der historisch aufeinander aufbauenden monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam, finden sich Parallelen im religiösen Essverhalten, sondern auch zu den asiatischen Religionen Hinduismus und Buddhismus. So kennen alle Religionen das Gebot des Fastens und global haben die Gläubigen Möglichkeiten gefunden, dieses zu umgehen. In allen Religionen sind bestimmte Feiertage mit bestimmten Speisen verbunden.

Christine Wurnig

Allen Religionen ist die Speiseweihe oder der Essenssegen gemein sowie die, zumindest phasenweise, Vorschrift oder Empfehlung, auf Fleisch zu verzichten. In buddhistischen Essensgebeten wird all jener gedacht, die an der Herstellung der Nahrungsmittel und Zubereitung der Speisen beteiligt waren.

Christine Wurnig

Oft wohnt den Speisen eine symbolische Bedeutung inne, wie etwa das Osterlamm als „Lamm Gottes" Symbol für Jesus Christus ist. Oft ist die Auswahl und Zubereitung der Lebensmittel mit medizinischem Wissen um Heilung und Stärkung des Organismus verbunden: von der ayurvedischen Lehre über Traditionelle Chinesische Medizin bis zu den mittelalterlichen Klostergärten. Ebenso sind rituelle Waschungen vor der Mahlzeit in mehreren Kulturen verankert.

Christine Wurnig

In fünf Kapiteln über die fünf Weltreligionen arbeitet Sindemann Überlieferungen, Gebräuche, Mythen und wissenschaftliche Erklärungsversuche auf, die manchmal Begründungen für das Aufkommen ritueller Speisen liefern, manchmal aber - oft nach jahrzehntelangen kulturwissenschaftlichen Forschungen - in der Sackgasse enden: "Gott hat es gesagt, also wird es gemacht!".

Christine Wurnig

Die Religionswissenschaftlerin nähert sich den unterschiedlichen Kulturen behutsam und differenziert: "Jedem Text über Hinduismus muss die Erklärung vorangehen, dass es DEN Hinduismus nicht gibt, genauso wenig, wie es DIE indische Küche gibt."

Christine Wurnig

Ebenso werden die religiösen Inhalte des Islam, die Religionsbegründer, seine Wurzeln im Juden- und Christentum, die geschichtlichen Aspekte sowie die inhaltlichen Ausrichtungen beschrieben, um letztendlich wieder beim Essen zu landen: "Anders als im Judentum oder Christentum gibt es im Islam (...) keine explizit religiösen Speisen." Mit wichtigen Feiertagen wie dem Zuckerfest oder dem Opferfest seien in den islamischen Ländern unterschiedliche traditionelle Gerichte verknüpft.

Christine Wurnig

Religiosnübergreifend - und stets mit Parallelen zum Judentum - ist dagegen die Einhaltung der Verbote Gottes. "Verboten hat er euch Verendetes, Blut, Schweinefleisch und das, worüber ein anderer als Gott angerufen worden ist." (Koran, Sure 2, Vers 168) Eine für Moslems gültige Regel, an deren rationaler Begründung sich auch heute Religions- und Kulturwissenschaftler die Zähne ausbeißen.

Christine Wurnig

Ergänzend zu den Geschichten und der Geschichte der religiösen Nahrung enthält "Götterspeisen" ausgewählte Rezepte für jüdisches Challa, Gefilte Fisch oder Tscholent, christlichen Weihnachtskarpfen und Osterzopf, islamische Shurbat Freekeh (Ramadan-Suppe), Mluchia (Arabischer Spinat) oder Scholeh Sard (Süßer Reis mit Safran und Mandeln), hinduistische Dal Tarka (Roter Linsen-Eintopf), Til Laddu (Bällchen aus Kichererbsen mit Sesam) oder Mandel Barfi (Milch-Mandel-Konfekt).

Christine Wurnig

Für die ansprechenden Fotos zeichnet Christine Wurnig verantwortlich. (tin, derStandard.at, 01.12.2010)

Christine Wurnig

Am 6. Dezember wird "Götterspeisen" im tiempo nuevo, 1020, Taborstr. 17A vorgestellt.

Katja Sindemann/Christine Wurnig:
Götterspeisen - Kochbuch der Weltreligionen
Metro Verlag Wien
160 Seiten
Euro 25,-

Foto: Christine Wurnig/Metro Verlag