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In Zukunft

Foto: APA/FEDERICO GAMBARINI

Das Burgenland hat die Autarkie bald erreicht - zumindest was die Stromversorgung anbelangt. Denn mit Windkraftanlagen wird auf erneuerbare Energie gesetzt. 210 Windkraftanlagen stehen bereits im östlichsten Bundesland und decken 60 Prozent des Strombedarfs, 162 neue sollen bis 2013 von der BEWAG-Tochter "Austrian Wind Power GmbH" errichtet werden. Gegenwind kommt von Naturschützern, wie Christian Schuhböck, Landschaftsökologe und Generalsekretär der Landschaftsschutzorganisation Alliance for Nature: Er warnt im Zusammenhang mit der Errichtung von Windkraftanlagen am Neusiedlersee vor einer "Verschandelung der österreichischen Naturlandschaft".

"Die Masten der Windräder sind im Moment 60 bis 70 Meter hoch, sie sollen in Zukunft aber bis zu 186 Höhe erreichen. Das würde das Landschaftsbild an der Nordostflanke des Neusiedlersees zerstören", kritisiert Schuhböck. Zudem ist der Neusiedlersee, der zu den acht Welterbestätten Österreichs gehört, ein wichtiger ökologischer Standort für die Avifauna (meint alle Vogelarten in einer Region, Anm.). "Es handelt sich um einen der wenigen großen Seen in Europa, wo die Vögel brüten und nisten", sagt der Landschaftsökologe.

Im Gebiet der Parndorfer Platte leben seltene Vogelarten wie die Großtrappe und der Kaiseradler. Schuhböck berichtet, dass die Rotorblätter der Windräder einen Durchmesser von 100 Meter erreichen können. Die Gefahr ist, dass die Vögel sich an den Masten orientieren und den beweglichen Rotoren nicht ausweichen können. Daher wurden bestimmte Flugkorridore bei der Planung der Windräder berücksichtigt. "Die Kriterien für den Schutz der Vögel hat Bird Life Österreich erarbeitet", berichtet Rupert Schatovich, von der Stabsstelle Raumordnung im Burgenland.

Naturschützer: Status als Nationalpark gefährdet

Aber nicht nur Vögel, sondern auch Fledermäuse werden von den Windparks betroffen sein. Durch die Windräder werde aber auch der Erholungswert für die Menschen gemindert, wie Landschaftsökologe Schuhböck anmerkt. Die Zusammenarbeit der burgenländischen Landesregierung mit Bird Life geht ihm daher nicht weit genug: "Die Studie ist nur aus Sicht der Vogelfauna verfasst, alles andere wird nicht berücksichtigt. Wir müssen alle Aspekte beachten." Die "Alliance for Nature" befürchtet, dass der internationale Status des Neusiedlersees als Nationalpark gefährdet sei und das Gebiet auf die rote Liste der Welterbestätten gesetzt werden könnte.

Dementsprechend fordert die Organisation, dass der internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) und das UNSECO Welterbezentrum in Paris mit den Windparkprojekten konfrontiert werden und eine Stellungnahme abgeben sollen. "Wir arbeiten seit rund 20 Jahren für das Weltkulturerbe", sagt Schuhböck, der als Vater des "Weltkulturerbes Semmeringbahn" und des "Welterbes Wachau" gilt.

Höher, aber auch mehr Leistung

"Wir haben von 125 bis 186 Meter verschiedene Höhen, je nach Analyse der Zonen, festgelegt", bestätigt Rupert Schatovich die Höhe der Anlagen. Die neuen Modelle seien zwar größer, geben aber auch mehr Leistung ab. "Deswegen haben wir die Entfernungen von Ortschaften und anderen Sichtbeziehungen in Bezug auf die Höhe erweitern müssen", sagt er. Bei dem Windparkdesign sei auf folgendes geachtet worden: "Wir haben gleich zu Beginn mit dem österreichischen Institut für Raumplanung zusammengearbeitet. Wir haben außerdem aus den Kritikpunkten in Deutschland gelernt, dass besonders der Abstand zu Siedlungsgebieten in Hinblick auf Lärm und Schattenwurf berücksichtigt werden muss."

Es sei wichtig, dass die Windparks relativ homogen aussehen, also die Masten die gleiche Höhe haben und ähnliche Typen nebeneinander stehen. Zudem sollten die Windräder konzentriert errichtet werden, damit sich keine Einzelanlage in der Gegend verliert." Durch diese Vorgehensweise habe es weder wesentliche Einwände während der Änderungsverfahren der Flächenwidmung, noch bei den Genehmigungen gegeben, sagt Schatovich. "Wir haben zu spät von dem Projekt erfahren, um im Rahmen des UVP-Verfahrens (Umweltverträglichkeitsprüfung, Anm.) unsere Einwände zu äußern", meint hingegen Schuhböck.

Parndorfer Platte optimaler Standort für Windenergie

Die Parndorfer Platte sei optimal für die Errichtung von Windkraftwerken, betont Schatovich: Die 200 Quadratkilometer große Ebene im nördlichen Burgenland liegt zwischen den Alpen und Karpaten und ist einer der besten Standorte für Windenergieanlagen in Mitteleuropa. Sie werde hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt und sei daher weitgehend unbewohnt. "Und Windenergieanlage brauchen natürlich relativ großen Raum, wo sie aber Siedlungsgebiete nicht beeinträchtigen", sagt Schatovich und fügt einen weiteren Vorteil hinzu: Der Einsatz alternativer Energiequellen mache unabhängig von fossilen Brennstoffen.

"Wir befürchten, dass die sogenannten Alternativenergiequellen missbraucht werden. Man versucht, auf Kosten der Natur Geschäfte zu machen, und zwar unter dem Deckmantel der 'sauberen Energie'", lautet hingegen die scharfe Kritik des Landschaftsökologen Schuhböck. Er fordert das Einsparen von Energie durch mehr Eigenverantwortung der Konsumenten und technische Entwicklung hin zu energiesparenden Geräten. "Auch die Sonnenenergie kann noch mehr genutzt werden. Aber bitte nicht so, wie in Spanien, wo ganze Landschaftsstriche zugepflastert werden, sondern intelligent." (jus, derStandard.at, 1. Dezember 2010)